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Sommerlager Pfadistufe in Kandersteg 1960. Bild: Archiv Pfadi Worb

Pfadi Worb: 100 Jahre

In diesem Jahr feiert die Pfadi Worb ihr 100-jähriges Bestehen mit einem Fest für alle aktiven und ehemaligen Pfadfinderinnen und Pfadfinder («Pfadis»). In den einhundert Jahren des Bestehens der Abteilung Geristein, welche 1992, vierzig Jahre nach deren Gründung, mit der Pfadfinderinnen-Abteilung Grosser Bär fusionierte, nahmen unzählige Worber Jugendliche an Pfadi-Übungen/Aktivitäten, an Pfadi-Lagern und sonstigen Anlässen teil. Die Worber Pfadi ist bis heute ein wichtiger Teil des Freizeitangebotes für Jugendliche unserer Gemeinde geblieben. Das war allerdings vor hundert Jahren noch nicht zwingend absehbar. 

Im Frühling 1924 gründete Dr. Walter von Bonstetten, Bewohner des Schlösschens in Sinneringen (Ortsteil von Boll) und damaliger Zentralpräsident des Schweizerischen Pfadfinderbundes, mit ungefähr 20 Knaben aus den Gemeinden Stettlen, Vechigen und Worb unter dem Namen «Geristein» (Burgruine in der Gemeinde Bolligen) eine Pfadfinderabteilung. Unterstützt werden sollten die Pfadfinder des oberen Worblentals durch einen Pfadiverein («Lokalverband») mit Vorstand (heute: Elternrat), der sich u.a. um die Finanzen, den Kontakt zu den Lokalbehörden und weitere administrative Aufgaben zu kümmern hatte.

An der Gründungsversammlung des Lokalverbandes vom 23. Februar 1925, an der Gemeindevertreter, Schulkommissionsmitglieder, Pfadi-Eltern, Lehrpersonen und die Pfarrer der einzelnen Gemeinden anwesend waren, erläuterte Notar von Greyerz als Vertreter des Schweizerischen Pfadfinderbundes Zweck und Ziele des Pfadfinderwesens. Das Bestreben sei es, «aus den Knaben tüchtige, praktisch begabte und charaktervolle Menschen heran zu bilden.» Bei der Gründung der Abteilung Geristein handle es sich um nichts Geringeres «als ein nationales Werk zum Wohle der Jungmannschaft.» «Wenn Ihnen an der gesunden, harmonischen, geistigen und körperlichen Erziehung der Worblentaler Jungen gelegen ist, so sind Sie am 23. willkommen» – so stand es in der Einladung. In einem Werbeschreiben des Vorstandes an alle Eltern der Gemeinden des oberen Worblentals kurz nach der Gründung, erläuterte von Bonstetten den Zweck der Bewegung: «Pfadfinderwesen» ist der Inbegriff einer gesunden, harmonischen Erziehung von Körper und Geist bei unserer Jungmannschaft. Die Knaben werden in allerlei Wissenswertes eingeführt und in allerhand praktischen und nützlichen Fertigkeiten angeleitet. Sie lernen die Pflanzen- und Tierwelt kennen, erhalten Unterricht in Vaterlands- und Bürgerkunde; sie lernen Kartenlesen, Distanzen schätzen, Signalisieren, Skizzieren, Sternkunde; sie werden geübt im Zeltbau, im Zubereiten von einfachen Mahlzeiten, im Flechten, Binden usw.; dann auch im Marschieren, Turnen, Klettern und Schwimmen. Sie werden besonders auch zur Sparsamkeit und zur Genügsamkeit erzogen.» Wer sollte da nicht mitmachen wollen?

Bereits bei der Gründerversammlung wurde aber deutlich, dass gewisse Kreise dem noch jungen Pfadfinderwesen durchaus kritisch gegenüberstanden. So machten Vertreter der Bauernschaft klar, dass von den Bauernsöhnen in der Freizeit Feldarbeit und nicht der Besuch von Pfadiaktivitäten erwartet wurde. Das war mit ein Grund, weshalb die Aktivitäten der Pfadfinder bis 1948 am Sonntag, statt wie später, und heute auch noch, am Samstagnachmittag abgehalten wurden. Pfarrer Rüetschi als Mitglied der Schulkommission Stettlen mahnte, «dass unter keinen Umständen die Schule in ihrem Verhältnis zum Kinde und Elternhaus gestört werden dürfe». Hingegen anerkannte er den «ausgleichenden Einfluss der bestehenden Klassengegensätze». Gärtner Wittwer aus Stettlen schliesslich, Vater eines Pfadfinders, wünschte, dass mehr zur Arbeit angeleitet und weniger gespielt werde. Herr Rüetschi, Mechaniker und Vertreter der hiesigen Turnerschaft, sprach hingegen seine volle Sympathie gegenüber der Bewegung aus und auch Herr Gemeinderat Leu teilte seine positiven Erfahrungen als Vater eines Pfaders mit. 

Tatsächlich war es dem Gründer der weltweiten Pfadibewegung, Baden-Powell, ein Anliegen, die sozialen Unterschiede der Pfadfinder wenigstens während der Zeit der gemeinsamen Aktivitäten aufzulösen. Dazu diente ein eigener Pfadiname und eine Uniform. Diese sollte es unmöglich machen, bestehende Unterschiede in der Herkunft zu erkennen. Nebenbei sollte durch das Pfadihemd die Einheit der Pfadi nach aussen kenntlich gemacht werden. Das Hemd hat noch heute Tradition und bleibt zusammen mit der Pfadi-Krawatte ein typsches Erkennungsmerkmal. Auf den Uniformen wird mit Abzeichen und Anhängern gezeigt, welche Lager besucht und welche Kurse absolviert wurden. Das schafft Verbundenheit. Dass der Pfadibewegung immer auch eine gewisse Nähe zum Militärwesen unterstellt wurde, hat nicht nur mit der Uniform zu tun, sondern auch mit einer damals stärker als heute ausgeprägten Hierarchie in der Gruppe, mit der Verwendung von militärischen Begriffen und mit den damaligen Beschäftigungen, welche auch im Militär nützlich waren. So wurden an den 14-täglichen Aktivitäten am Sonntagnachmittag oder in den Pfadilagern neben verschiedenen sportlichen Geländespielen v.a. auch Holzbauten erstellt, Karten- und Signalkunde (z.B. Morsen) geübt und die entsprechenden Kenntnisse mit Examen überprüft und mit Abzeichen ausgezeichnet. Nicht zu verschweigen, dass das Militärische viele Knaben genauso faszinierte wie die erlernten Techniken, die Kameradschaft und das Abenteuer.   

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IG-Pfadi-Wolfsstufe
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Konkurrenz 
1929 trennte sich die Worblentaler Pfadiabteilung auf. Ab da besuchten mehrheitlich nur noch Knaben aus der Gemeinde Worb die Aktivitäten der Abteilung Geristein. In Vechigen und Stettlen, später auch in Bolligen, entstanden unabhängige Abteilungen. 

1930 beklagte sich der Kantonalpräsident über die «Teilnahmelosigkeit der Worber Bevölkerung am Pfadfinderwesen», worauf ihm der Präsident des Worber Lokalverbandes erklärte, er müsse bedenken, «dass die Sache für Worb noch etwas neu ist und hier zwei Turnvereine mit Jugendriegen bestehen, welche die Schulknaben für das Turnen zu gewinnen suchen». Damals schon stand also die Pfadi in Konkurrenz zu anderen Angeboten. Das ist heute noch viel ausgeprägter der Fall. Die Pfadi steht im Wettbewerb mit unzähligen Angeboten und muss sich dem geänderten Freizeitverhalten der Jugendlichen anpassen. Fixer Bestandteil der Jahresberichte der 1930er- und 40er-Jahre war eine Statistik über die Quote der Teilnehmenden an den Aktivitäten. Rutschte diese unter 80 %, gab es mahnende Worte an die Eltern, ihre Söhne regelmässiger in die Pfadi zu schicken. Heute entscheiden viele Jugendliche spontan, wie ihr Programm am Wochenende aussehen soll. So muss auch akzeptiert werden, dass diese – z.B. wegen saisonaler Sportaktivitäten – nur eine gewisse Zeit im Jahr an den Aktivitäten teilnehmen oder gar nur die Lager besuchen mögen. 

Während des Zweiten Weltkriegs, aber auch noch danach, standen Pfadfinder als freiwillige Helfer im Einsatz. Sie unterstützten beispielsweise das Rote Kreuz oder fungierten als Meldeläufer und Bürohilfen. Rein militärische Dienste gehörten nicht zu ihren Aufgaben. Die Worber Pfader wurden auch immer wieder von der Gemeinde und von privaten Institutionen um Unterstützung unterschiedlicher Art gebeten. Dazu gehörten der Verkauf von Winterhilfeabzeichen, Mithilfe bei einem Bazar für den Kindergarten, Singen im Altersheim, Hilfe beim Aufräumen nach einer Überschwemmung oder Arbeiten bei Bauern. Manchmal erhielt man bei diesen Einsätzen auch eine kleine Entschädigung, welche für das nächste Pfadilager eingesetzt werden konnte. Heute ist der traditionelle Backwarenverkauf eine regelmässige Einnahmequelle. Aber es werden nach wie vor auch vielfältige karitative Einsätze geleistet. Die Leitungsarbeit ist seit jeher Ehrensache und wird in Fronarbeit geleistet.  

Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich die Pfadi Worb zahlenmässig mal nach oben, mal nach unten. Oft hing die Beteiligung auch von den Leitungspersonen ab, welche die Aktivitäten und Lager mal stärker mal weniger den Bedürfnissen der Teilnehmenden entsprechend gestalteten. Aufschwung erhielt das Pfadiwesen in der Gemeinde mit der Fusion der Pfadfinderabteilung Geristein mit der Pfadfinderinnenabteilung Gros­ser Bär 1992. Seit über 20 Jahren werden die Aktivitäten und Lager nun bei allen Stufen gemeinsam geplant und durchgeführt. 

Im Jubiläumsjahr sind 12 Biber, 24 Wölfe, 18 Pfadis, 12 Pios, 24 Rover und 14 Leitende in der Pfadi Worb aktiv. Vor allem längere Lager oder solche im Ausland werden oft zusammen mit anderen Pfadiabteilungen durchgeführt. 

Rituale und wiederkehrende Anlässe
Rituale und wiederkehrende Anlässe prägen seit jeher ein Pfadi-Jahr. Dazu gehörten/gehören u.a:
Februar: Ski- und/oder Schlittelrennen
April: Georgstag mit spielerischen Wettkämpfen (der hl. Georg gilt als Schutzpatron aller Pfadis)
Mai: Abteilungsfeier am Geierstein mit Übertritt in die nächste Stufe
Pfingstlager (PfiLa); meist mit Zeltlager in der Umgebung
Sommerlager (SoLa) oder Herbstlager (HeLa); meist mit Zelt oder in einer Unterkunft weiter weg
Abendlager (AbeLa); ältere Pfadis wohnen einige Tage im Pfadiheim und gehen von dort aus zur Arbeit oder in die Schule
September: Abteilungsausflug zur Ruine Geristein
Oktober: Unterhaltungsabend (in den 30er- und 40er-Jahren im Rest. Sternen, später im Bärensaal)
Dezember: Waldweihnacht, heute Winter-Fest

Pfadiheime 
Eine Pfadiabteilung besitzt in der Regel einen oder manchmal mehrere Versammlungsorte mit einem oder mehreren Pfadiheimen. Die Worber Pfadis nutzten im Verlaufe der 100-jährigen Geschichte mehrere Lokalitäten. Die ersten Pfader trafen sich ab 1924 im Pfarrstöckli in Stettlen. Später befanden sich die Lokalitäten in Worb zuerst beim Restaurant Sternen, dann auf dem Hubel. Schliesslich konnte 1959 für 2225 Franken eine ausgediente Militärbaracke erworben werden, welche zuerst im Langenloh, später beim Eggwald, oberhalb von Worb aufgestellt wurde. Dort steht sie noch heute, ergänzt durch eine zweite Baracke, welche von der 1952 gegründeten Pfadfinderinnen-Abteilung Grosser Bär genutzt wurde. Vor Kurzem haben die beiden Heimvereine Worb und Rüfenacht fusioniert; und so können alle Heime von den Pfadis genutzt und vom Verein auch vermietet werden. Genauso zuhause ist man als Pfadi aber seit jeher auch in einem Zelt. Sei das in einem Spatz-Zelt oder in einem aus einzelnen Zeltplanen selber geknüpften «Sarasani», «Gotthart-Schlauch» oder «Berliner».

MARIUS GRÄNICHER / FENEK

Pfadi: Die grösste Jugendorganisation der Schweiz

1910 wurden in der Schweiz die ersten Pfadfindergruppen gegründet. Die Idee stammte von Robert Baden-Powell, einem britischen Offizier, der 1907 erstmals ein Lager für Buben durchführte. Die 21 «Boy Scouts» verbrachten zehn Tage auf der südenglischen Insel Brownsea und setzten sich intensiv mit der Natur auseinander. Da sie aus unterschiedlichen sozialen Schichten stammten, trugen sie Uniformen, um diese Differenzen zumindest äusserlich zu verdecken. Die Erfahrungen auf Brownsea verarbeitete Baden-Powell in einer Artikelserie, die in einer Zeitung abgedruckt wurde. Später entstand daraus das Buch «Scouting for Boys». Das Werk gehört mit einer Gesamtauf­lage von rund 150 Millionen Exemplaren zu den meistgedruckten Büchern der Welt. Die Bewegung, die ab 1910 auch Pfadfinderinnen umfasste, strebte die Liberalisierung der Erziehung an und stellte die Förderung des individuellen Charakters in den Mittelpunkt. Jugendliche sollten in der Gemeinschaft von Gleichaltrigen ihre individuellen körperlichen, geistigen und seelischen Fähigkeiten entfalten. Die Pfadfinderbewegung breitete sich schnell über England hinaus aus. 1920 fand in London mit 8000 Teilnehmenden aus 27 Ländern das erste Jamboree statt, ein internationales Treffen von Pfadfindern, etwas später auch von Pfadfinderinnen, das seither regelmässig stattfindet. 1913 wurde der Bund Schweizerischer Pfadfinder (SPB), 1919 der Bund Schweizerischer Pfadfinderinnen (BSP) gegründet. Heute ist die Pfadibewegung Schweiz (PBS) der Dachverband aller Pfadfinder:innen («Pfadis»). Der PBS ist mit über 50 000 aktiven die grösste Kinder- und Jugendorganisation der Schweiz. Den Kern bilden rund 700 lokale Pfadfiabteilungen, die als selbständige Vereine organisiert sind und regelmässige Aktivitäten und Lager durchführen. In unregelmässigen Abständen werden Bundeslager mit Pfadis aus der ganzen Schweiz durchgeführt. Letztmals fand ein BuLa im Sommer 2022 in Goms mit über 35 000 Teilnehmenden statt (www.mova.ch).

Alters-Stufen 

Die Pfadis sind heute in fünf Altersstufen gegliedert:
Biber 5–6 Jahre
Wölfe 6–10 Jahre
Pfadi 10–14 Jahre
Pios 14–17 Jahre
Rover ab 17 Jahren

Quellen (Auswahl)
Archiv-Unterlagen der Pfadi Worb (Hinweise auf Archivalien gerne auf: info@pfadiworb.ch)
Pfadi Worb: www.pfadiworb.ch
Webseite der Pfadibewegung Schweiz: https://pfadi.swiss/de/f/pfadiarchiv/pfadigeschichte/

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