Bei den Ultra Trail Rennen sucht Hansjörg Gosteli auch die Grenzerfahrung. Bild: zvg

Hansjörg Gosteli: Über Stock und Stein

Seit 2021 werden Worberinnen und Worber durch den Gemeinderat für herausragende Leistungen geehrt. Anlässlich der letzten Ehrung vom vergangenen November wurde Hansjörg Gosteli, 58-jährig, Inhaber eines Treuhandbüros, für seine sportlichen Erfolge ausgezeichnet. Gosteli gehört in seiner Altersklasse über die Landesgrenze hinaus zu den besten Ultra-Trail-Läufern. Ultra-Läufe sind solche, bei denen eine über die Länge eines klassischen Marathons hinausgehende Strecke von 42,195 km gelaufen wird. Wie wird man Ultra-Läufer und wie trainiert man für Wettkämpfe, die bis zu 10 Stunden dauern? Hansjörg Gosteli hat diese und weitere Fragen beantwortet.

Herr Gosteli, wie kamen Sie zum Laufsport?
Hansjörg Gosteli: Ich habe immer Sport betrieben und bei den Junioren und Aktiven des FC Rapid Ostermundigen bis zum 22. Altersjahr Fussball gespielt. Das berufsbegleitende Studium mit Unterricht am Abend und am Samstag liess sich mit dem Fussball aber nicht vereinbaren, so dass ich nach etwas Neuem suchen musste. Da auch beim Fussball viel gelaufen wird und man beim Laufsport ohne grosse Investitionen jederzeit loslegen kann, begann ich zu laufen.

Und wie wurden Sie Ultra-Trail-Läufer?
Irgendeinmal bestritt ich meinen ersten Wettkampf über eine Strecke von 10 km. Bei weiteren Rennen wurden die Strecken immer länger, dies bis zur Marathondistanz. Im Alter von etwa 40 Jahren wurden die Belastung bei Strassenläufen und die entsprechenden Schmerzen im Knie zu viel, so dass ich Läufe auf Bergstrecken vorzog.

Sind Läufe in den Bergen nicht viel anstrengender und belasteder?
Bergläufe und lange Aufstiege sind anstrengend und kosten viel Energie. Schläge auf die Gelenke, wie sie bei Strassenläufen bei jedem Schritt absorbiert werden müssen, gibt es jedoch praktisch keine. Marathons konnte ich jährlich 2 laufen, Ultra-­Rennen sind 5 bis 6 möglich.

Wie oft, wo und wie trainieren Sie Bergläufe?
Im Winter bin ich oft im Fitnessstudio anzutreffen, wo ich Kraft, Ausdauer und Rumpfstabilität trainiere. Zudem mache ich Trainingsläufe mit der Marathongruppe Worb. Wenn im Frühling der Schnee geschmolzen ist, geht es in die Berge, zum Beispiel auf den Niesen, aufs Niederhorn oder auf Strecken im Trail-Mekka Grindelwald. Zurzeit trainiere ich wöchentlich 3 bis 4 mal, also eher wenig. In der Saison und in der Wettkampfvorbereitung sind es dann 5 bis 6 mal. Ein langes Training dauert dann 5 bis 7 Stunden. Insgesamt laufe ich jährlich rund 500 Stunden.

Wie sieht es denn aus bei Regenwetter?
Regen spielt mit guter Ausrüstung keine Rolle. Der Vorteil: Bei Schlechtwetter habe ich den Berg für mich.

Und können Sie die Umgebung bei Wettkämpfen und Trainings geniessen?
Gleich nach dem Start an einem Wettkampf kann man die Landschaft sehr wohl geniessen und auch mit Konkurrenten sprechen. Irgendeinmal läuft man jedoch im Tunnel und das letzte Drittel eines Rennens läuft man im Grenzbereich, wo Körper und Geist einfach funktionieren. Bei Trainings geht man hingegen nicht an die Grenzen.

Die Frage aller Fragen an einen Ultra-Läufer: Warum tut man sich so etwas an?
Die Grenzerfahrung bei den Rennen ist immer wieder spannend. Man wird mental und körperlich bis aufs Letzte gefordert und es wird jede Menge Adrenalin ausgeschüttet. Man fragt sich oft, wie man es schafft zu laufen, wenn es eigentlich nicht mehr geht. Wer die Emotionen nach einem anstrengenden Lauf im Ziel erlebt hat, möchte diese immer wieder erleben. Es macht einfach Spass und hat eine Art Suchtpotenzial.

Was war Ihr grösster Erfolg als Ultra-Läufer?
Im Juni 2023 habe ich am grössten Trail-Event in Deutschland, am Zugspitz-Trail, in meiner Altersklasse gegen sehr starke Konkurrenz den Kategoriensieg errungen. Für die mit 3000 Höhenmetern gespickte Laufstrecke von 70 km benötigte ich 9 Stunden und 30 Minuten. An diesem Tag passte wirklich alles zusammen.

Wie verpflegen Sie sich während eines Wettkampfs?
Ich nehme vor allem Flüssigkeit mit viel Kohlehydrat, Gels und Bananen zu mir. Rund alle 90 Minuten kommt man an einem Verpflegungsstand des Veranstalters vorbei, wo ich meine Trinkflaschen wieder auffüllen kann. Das heisst auch, dass ich in 90 Minuten einen Liter trinke.

Wie lange werden Sie noch als Trail-Läufer Berge hoch und runter laufen?
Ich plane von Saison zu Saison und schaue, was mein Körper noch mitmacht und ob ich noch Spass habe. Für 2025 habe ich bisher nur einen Fixpunkt, und das ist der Eiger-Trail von Mitte Juli in Grindelwald. Es werden aber noch weitere Anlässe dazukommen.

Und was sagt Ihre Lebenspartnerin zu den zeitraubenden Trainings und Wettkämpfen?
Als Selbständigerwerbender habe ich das Privileg, ein Training zum Beispiel auch mal an einem Mittwoch absolvieren zu können und dafür das Wochenende für gemeinsame Aktivitäten frei zu halten. Kompromisse sind jedoch von beiden Seiten nötig.

Und was werden Sie machen, wenn Sie nicht mehr laufen?
Ich werde weiterhin in irgendeiner Form Sport betreiben, zum Beispiel Schwimmen oder Velofahren. Und dann möchte ich sicher ein paar Reisen unternehmen, ohne am Zielort die Laufuhr zu konsultieren.

INTERVIEW: WM

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