Schreibenden Frauen eine Stimme zu geben und zu verhindern, dass sie in unserer schnelllebigen Zeit vergessen werden: Mit diesem Anliegen hat die Worber Schriftstellerin Barbara Traber biografische Skizzen über sechs sehr unterschiedliche Autorinnen verfasst. Ihr neues Buch «Sie sind noch da. Sechs schon vergessene schreibende Frauen und viele mehr», holt – wie der Titel verrät – noch weitere lesenswerte Schriftstellerinnen aus dem Dunkel des Vergessens.
In der Literatur gibt es eine lange Tradition der schreibenden Frauen, die bis weit in die Antike zurückgeht. Doch die meisten von ihnen sind längst vergessen. Bis auf ein paar wenige grosse Namen wie Mary Shelly, die mit ihrem Frankenstein das Science-Fiction- und Fantasy-Genre erst so richtig befeuert hat, oder Johanna Spyri, deren Heidi-Romane die Welt im Sturm erobert haben. Doch wer hat schon einmal ein Buch von Lina Bögli oder Elsa Muschg in den Händen gehalten? Mit ihrem kürzlich erschienenen Buch «Sie sind noch da. Sechs schon vergessene schreibende Frauen und viele mehr» holt die Worber Autorin diese vergessenen Frauen zurück in die Erinnerung. In ihrer über 40-jährigen Tätigkeit als Schriftstellerin hat Barbara Traber zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter finden sich Lyrikbände, Romane, zwei Krimis, Sachbücher und Biografien. Zuletzt ist «Nigeria – ich komme!» erschienen. Sie bezeichnet sich als Allrounderin, so hört sich auch ihr Werdegang an. Nach dem Handelsdiplom arbeitete sie zunächst im Ausland, darunter auch in der Schweizer Botschaft in Nigeria, doch sie habe gewusst, sie muss den Weg zum Buch gehen. Auf diesem Weg hat sie viele Leben gelebt, sie arbeitete in einem Verlag, fürs Radio, war als Journalistin tätig und unterstützte ihren Mann Markus Traber in seiner Buchhandlung zum Zytglogge. «In dieser Zeit sind viele Freundschaften entstanden. Seit damals sind schreibende Menschen meine Wahlverwandten», so Barbara Traber.
Schreibende Frauen
Dass jetzt «Sie sind noch da» erschienen ist, kommt nicht von ungefähr. Die Autorin erinnert sich an die 1970er Jahre, als es gerade für schreibende Frauen nicht einfach war, ihre Bücher und Texte zu veröffentlichen. «In den 70ern war die grosse Emanzipation, das hat mich sehr interessiert. Besonders Frauen mussten sich gegenseitig unterstützen. Damals entstanden eigene Netzwerke und Verlage.» Mit Begeisterung suchte Barbara Traber in alten Zettelkästen in der Landesbibliothek nach vergessenen Autorinnen. Diese aufwändige Recherche gipfelte 1980 in ihrem ersten Buch: «Bernerinnen. Vierzig bedeutende Frauen aus sieben Jahrhunderten.» Doch ihr neuestes Buch ist viel mehr als eine Ergänzung zu ihrem Erstling, obschon die beiden Bücher eine gemeinsame Entstehungsgeschichte haben. Fünf der sechs portraitierten Autorinnen hat Traber persönlich gekannt. Es sind keine literaturwissenschaftlichen Abhandlungen, sondern sehr persönliche Beiträge voller Wertschätzung und dem Einfluss, den diese Schriftstellerinnen auf ihr Leben gehabt haben. Wie beispielsweise Elsa Muschg, deren Jugendbücher früh die Reiselust in Barbara Traber geweckt haben. Das Buch schliesst mit dem Essay «Von heimlich abgelauschten Versen zum anerkannten Gedicht», wo sie das lyrische Schaffen von Deutschschweizer Schriftstellerinnen von 1800 bis 1945 sichtbar macht. Dabei geht es der Autorin nicht allein darum, diese Lyrikerinnen dem Vergessen zu entreissen, sondern um viel mehr, wie sie sagt: «Mit diesem Buch ist es mir ein ganz grosses Anliegen, die Leute wieder zum Lesen zu bringen. Das Gefühl, beim Lesen in eine andere Welt abzutauchen ist ein Reichtum, der heute langsam verloren geht.» Auf die Frage nach einem Lesetipp muss Barbara Traber nicht lange überlegen, besonders jungen Menschen empfiehlt sie «Talofa. In zehn Jahren um die Welt» von Lina Bögli (1858–1941), der ersten Reiseschriftstellerin aus der Schweiz. Das Buch der Tochter eines Kleinbauern, die es in die Welt zog, wurde kürzlich beim Lenos Verlag neu aufgelegt. Ebenfalls neu erschienen ist auch «Immer vorwärts», die Fortsetzung. Vorwärts geht es auch für Barbara Traber, sie arbeitet bereits an ihrem nächsten Buch. Diesmal soll es um schreibende Männer gehen. Nach wir vor ist die 82-Jährige offen für fast alle Themen, ihre Antriebsfeder ist die Neugier. «Neugier ist das Wichtigste. Auch im Alter.» AW
«Sie sind noch da. Sechs schon vergessene schreibende Frauen und viele mehr»
Neptun Verlag Bern, ISBN: 978-3-85820-395-3