Dracula, Schellen-Ueli und die Debattenkultur

Impfen oder nicht? Zertifikat oder nicht? Selten wurden in den letzten Jahren gesellschaftspolitische Fragen ähnlich kontrovers diskutiert wie die Folgen der Covid-Pandemie. Wobei – von «diskutieren» teilweise keine Rede mehr sein kann, derart verhärtet sind die Fronten. Damit drohen wesentliche Pfeiler unseres politischen Systems wegzubrechen: die Debattenkultur und der gutschweizerische Kompromiss. Das ist aus meiner Sicht eine beunruhigende Entwicklung.

Immerhin: Wenn wir in der Geschichte etwas zurückblicken, dann stand es um den Willen zur Diskussion auch schon schlechter. Im Mittelalter wurden politische Gegner mit anderen Mitteln zum Schweigen gebracht als mit kruden Behauptungen in den sozialen Medien. «3G» stand damals eher für «gepfählt, geköpft, gevierteilt». So löste der rumänische Prinz Vlad III. Draculea – er diente später als Vorbild für den blutsaugenden Dracula – Meinungsverschiedenheiten, indem er Andersdenkende auf spitze Holzpflöcke spiessen liess und während seines Mittagessens dabei zusah, wie diese langsam durchbohrt wurden. Von solchen «Diskussionsmethoden» haben wir uns in der Schweiz zum Glück emanzipiert. Ans Mittelalter erinnern höchstens noch die Träume gewisser Diskutanten, das Bundeshaus zu schleifen.

Es wäre doch schön, wieder vermehrt zu einer gesitteten Debattenkultur zurückzufinden. Mehr Sachlichkeit, mehr Gelassenheit, weniger Geschrei und Gezeter. Vielleicht bleibt das bloss ein frommer Wunsch, ich weiss.

Gerade Politiker könnten und sollten hier mit gutem Beispiel vorangehen. Politische Gremien sind prädestiniert, um gelebte Diskussionskultur zu zelebrieren: In einem institutionalisierten Rahmen kann nach Herzenslust debattiert werden, um schliesslich zu einer konstruktiven Lösung zu finden, die dem Gemeinwohl Rechnung trägt. Zugegeben: In der Praxis funktioniert Politik eher so, dass ein nicht näher zu bezeichnender Bundesrat im «Schellen-Rebellen-Shirt» posiert und damit die Polarisierung weiter befeuert. Wäre Ihnen eine sachliche Debatte nicht auch lieber? Für die Worber Politik wünsche ich mir, dass wir immer wieder zu einem lebhaften, toleranten und konstruktiven Diskurs finden werden.

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Adrian Hodler,
Vorstand SP Worb,
Mitglied GGR

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