Es ist genug Feminismus für alle da!

Vor eineinhalb Wochen demonstrierten in Bern etwa 35 000 Personen am feministischen Streik. Umrahmt wurde der violett-bunte, laute Umzug von zahlreichen Programmpunkten: morgens Brunch auf der Grossen Schanze, organisiert vom feministischen Hochschulkollektiv, nachmittags Basteln und Kunstaktionen auf dem Bundesplatz und abends Tanzen bis tief in die Nacht – zum Beispiel auf einer Party namens «Dini Muetter – macht Party». Der 14. Juni fühlte sich in grossen Teilen an wie ein einziges Fest, aber es gab auch hässige und besinnliche Momente. Zum Beispiel, als um 17 Uhr eine Schweigeminute für die 15 Frauen und Mädchen eingelegt wurde, die dieses Jahr in der Schweiz Opfer von Femiziden wurden. Sie wurden also von ihrem Vater, Bruder, Sohn oder (Ex-)Partner umgebracht, zum Beispiel, weil dieser Besitzansprüche auf sie erhob. Solche Momente rufen in Erinnerung, dass der 14. Juni ein Tag des Protests und des Widerstandes ist. Die feministischen Streiks, die seit 2019 fast jährlich stattfinden, beziehen sich direkt auf den grossen Frauenstreik von 1991 und weitere vorangegangene Proteste, die Gleichstellung forderten. Auch heute ist dieses Ziel leider noch nicht erreicht, global betrachtet machen wir sogar Rückschritte. Nur ein paar wenige Beispiele: Frauen leisten laut dem Bundesamt für Statistik weiterhin deutlich mehr unbezahlte Arbeit als Männer. Wenn man die Lohnarbeit dazurechnet, ist die Arbeitsbelastung der Frauen in den letzten Jahren im Durchschnitt gestiegen. Im Kanton Bern waren 71 % der Opfer häuslicher Gewalt im letzten Jahr weiblichen Geschlechts, Tendenz der Fälle in absoluten Zahlen: zunehmend. Und Personen, welche weder Mann noch Frau sind, tauchen in solche Statistiken gar nicht erst auf. Eigentlich sollte die Empathie gegenüber Frauen und queeren Menschen, die heute systemisch benachteiligt werden, ausreichen, um Feminist*in zu werden. Aber auch Männer profitieren vom Feminismus. Beim Feminismus geht es unter anderem darum, Geschlechterrollen und -stereotypen zu hinterfragen und die Machtverhältnisse zwischen allen Geschlechtern aufzubrechen – somit gibt er auch Männern die Möglichkeit zu mehr Freiheit. Nehmen wir als Beispiel erneut das Thema häusliche Gewalt: Aufgrund des Männerbildes und der Erwartungen, die unsere Gesellschaft an Männer stellt, werden Männer, welche häusliche oder sexualisierte Gewalt erleben, oft nicht ernstgenommen oder nehmen aus Scham keine Hilfe in Anspruch. Dem gilt es entgegenzuwirken. Zusammengefasst: Es gibt leider immer noch genug Gründe, auf die Strasse zu gehen. Aber es ist zum Glück auch genug Feminismus für alle da. Deshalb: Wir sehen uns in einem Jahr am feministischen Streik!

Charlotte Günther,
Mitglied Parlament (SP/JUSO),
Mitglied Sicherheitskommission

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