Sonja Lehman hat in diesem Sack 2,5 Kilo angeschnittenes Haar gesammelt. Bild: KS

Recycling im Coiffeursalon: Haare als Ölsperren auf unseren Ozeanen

Die Worber Coiffeuse Sonja Lehmann nutzt seit 6 Jahren abgeschnittenes Haar aus ihrem Salon für verschiedene wohltätige Zwecke.  Seit letztem Jahr ist sie Mitglied beim Verein «Coiffeurs Justes», der das Haar aus den Salons von Coiffeuren in Frankreich und den benachbarten Ländern auf eine ganz besondere Art recycelt: Es wird zu Ölsperren verarbeitet und zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung eingesetzt. 

Die Idee, Haare für den Umweltschutz zu verwenden, mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen. Doch Haare können erstaunliche Absorptionseigenschaften aufweisen. Der französische Coiffeur Thierry Gras, Gründer von «Coiffeurs Justes», nutzt diese Eigenschaft, um aus abgeschnittenen Haaren Öl- und Benzinsperren herzustellen, die dazu dienen, ausgelaufenes Öl und Benzin aus dem Meer zu filtern. Dies geschieht folgendermassen: Das Haar wird gewaschen, um es von Schmutz und Rückständen zu befreien, und in Kompressionsstrümpfe gestopft, die ein regionales Spital zur Verfügung stellt. Aus diesen länglichen Säcken werden Schläuche gefertigt, die auf der Wasseroberfläche schwimmen und darauf treibendes Öl binden. Diese Filterschläuche können mehrmals gewaschen und wiederverwendet werden. Die Arbeit wird von Arbeitslosen verrichtet, damit werden also Arbeitsplätze in Marseille, dem Vereinshauptsitz von «Coiffeurs Justes», geschaffen.
Sonja Lehmann erklärt, wie sie zur Idee des Haar-Recyclings kam: «Eine 12-jährige Kundin wollte ihre Haare für krebskranke Kinder spenden und fragte mich um Rat, wo man das tun könne. Ich fand die Idee grossartig und begann, nach Möglichkeiten zu suchen.» Also wurde sie Mitglied des Vereins «Haarfee» in Wien, der Naturhaar ab 40 cm Länge sammelt, um daraus Perücken für krebskranke Kinder herzustellen. Was aber geschieht mit den Haarresten, die nicht die nötige Länge aufweisen?  Sie begann, nach einer Lösung zu suchen, und stiess schliesslich auf «Coiffeurs Justes» in Frankreich.
Seither sammelt Sonja Lehmann die in ihrem Salon anfallenden Haare in einem Papiersack und schickt diesen nach Frankreich, sobald er voll ist. Sie zahlt einen Mitgliedsbeitrag von 25 Euro pro Jahr sowie einen Euro für den Papiersack. Ein Sack kann etwa 2,5 bis 3 Kilogramm Haare fassen. In nur einem Jahr hat sie bereits vier volle Säcke mit abgeschnittenen Haaren gesammelt. Ihre Kunden und Kundinnen unterstützen die Initiative und freuen sich, dass ihre Haare nicht mehr im Abfall landen. 
Leider gibt es in der Schweiz noch keine effiziente Methode, die Haare nach Frankreich zu senden. Sonja Lehmann und 150 weitere Schweizer Coiffeure bezahlen das Porto für die Sendungen selbst. In Frankreich gibt es Sammelcontainer, die monatlich geleert werden, doch in der Schweiz findet sich bisher kein Transportunternehmen, das eine finanziell tragbare Lösung für die kleinen Unternehmen anbietet, ebenso wenig die Post. Obwohl Sonja Lehmanns Bemühungen für den Frankreich-Versand bisher erfolglos blieben, gibt sie nicht auf. Für die Sendung der langen Haare nach Wien fand sich durch Zufall eine Privatperson, die den Transport unentgeltlich übernimmt. Wer weiss, ob sich für das nachhaltige Recycling der Haare in Frankreich eines Tages nicht eine ähnliche Lösung findet. KS

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