Christina Thomann ist als Schulsozialarbeiterin im Oberstufenzentrum Worbboden tätig. Sie kümmert sich um die vielfältigen Probleme, Anliegen und Sorgen der Jugendlichen. Wir haben sie zum Thema Diskriminierung befragt.
Sind im Wobo schon einmal Schülerinnen und Schüler wegen Diskriminierung zu Ihnen gekommen?
Christina Thomann: Meistens kommen Jugendliche nicht direkt wegen Diskriminierung zu mir, sondern wegen eines Konflikts, bei dem es unter anderem zu diskriminierenden Aussagen kommt.
In welchem Zusammenhang?
Meistens wegen des Herkunftslands, der sexuellen Orientierung oder des Geschlechts.
Wie alt sind die betroffenen Schülerinnen und Schüler?
Ich erlebe Diskriminierung in allen Altersstufen, in denen ich arbeite (7.–9. Klasse).
Als wie schlimm wird das von den betroffenen Schülerinnen und Schülern empfunden?
Das ist sehr unterschiedlich, je nach Vorgeschichte und Umständen.
Welche Emotionen empfinden die betroffenen Schülerinnen und Schüler?
Sie sind meist sehr verletzt, da sie für etwas verurteilt werden, wofür sie nichts können. Es geht gegen die Person und nicht gegen ihr Verhalten. Manchmal verstecken die Betroffenen hinter Wut, Trauer/Rückzug oder Aggressionen, dass sie sehr verletzt sind.
Was wird gegen Diskriminierung im Wobo gemacht?
Es wird in den Klassen thematisiert. Wie stark, hängt von den Lehrpersonen ab. Ausserdem gibt es eine Schulhausordnung, die die Thematik beinhaltet. Bei Verstössen ist es Aufgabe der Erwachsenen, zu reagieren.
Wie offen reden die Betroffenen Schülerinnen und Schüler darüber?
Wenn ich sie darauf anspreche, reden sie sehr offen darüber.
Denken Sie, es gibt noch mehr Diskriminierung im Wobo, worüber nicht geredet wird?
Ja, das denke ich. Doch nicht nur im Wobo verdient dieses Thema mehr Aufmerksamkeit. Hier sind wir als gesamte Gesellschaft gefragt.
Was finden Sie, müsste gegen Diskriminierung im Wobo gemacht werden?
Einerseits könnte man einheitlicher agieren, damit alle Schülerinnen und Schüler grundlegende Inhalte lernen. Andererseits ist das Thema so breit, dass es auch Sinn macht, dass die Lehrpersonen Schwerpunkte je nach Klasse setzen. Dies und andere Ansätze sind Thema bei der Arbeitsgruppe Gewaltprävention der Lehrpersonen. Mir ist es insbesondere ein Anliegen, die Jugendlichen einzubeziehen. Wir sind daher am Aufgleisen einer Gewaltpräventionsgruppe der Schülerinnen und Schüler.
Ab wann ist etwas Diskriminierung und wann ist es einfach ein dummer Scherz?
Grundsätzlich: Braucht es «dumme Scherze»? Man weiss nie, was man damit auslöst. Also lieber andere Scherze. Diskriminierende Aussagen sollten nicht als «dumme Scherze» gerechtfertigt werden. Es kann gut sein, dass jemand einfach nicht gut überlegt hat. Deshalb ist es wichtig zu reagieren und zu sensibilisieren.
Liebe Frau Thomann, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Livia Sutter,
Rosanna Gentile