«Ich bin ein glücklicher Mensch. Ich bin fröhlich, positiv denkend – das ‹Schiss-Corona› oder das ‹jitz schiffets scho wieder› kenne ich nicht.
Mein kleines Gartenhäuschen im Spitzacker, auf der südlichen Seite der Tramlinie zwischen dem Rüfenacht-Kreisel und Langenloh, baute ich vor sieben Jahren auf. Die Idee war, einen Rückzugsort von meinem Alltag in Worb zu haben, auch damit meine Partnerin und ich nicht zu stark aufeinanderhocken. Seit wir getrennt wohnen und mehr Distanz haben, haben wir es lockerer – sie findet gut, dass ich das habe und kommt selber gern hierher.
Ich hege und pflege mein Refugium und es ist auch ein Ort, wo ich meine Freundschaften pflege. Wir unterhalten uns, jassen, spielen Dart oder Hufeisenwerfen oder nageln auf dem Schyttotze. Mit einem selbst konstruierten Lochhammer versucht jeder, mit möglichst wenig Schlägen seinen Nagel in einen Holzstrunk zu versenken. Und dann hätte ich sogar noch ein Schachspiel. S git sälte eine, wo’s no cha. Wenn gegessen wird, gibts Grilladen, einfache Gerichte, ab und zu ein Risotto oder eine Gemüsesuppe aus dem Galgenkessel. Und zum Trinken habe ich im Moment was Besonderes: Kürzlich erhielt ich fünf Flaschen Rotwein aus meiner kleinen Traubenernte, ‹La mia vigna› steht auf der Ettikette. Und zum Abrunden eines Essens liess ich aus meinen sechzig Kilo Surgrauech fünf Liter Schnaps machen. Ich bin gern Gastgeber, musste aber, als sich zu meinen Freunden auch Profiteure dazugesellten, den Kurs etwas korrigieren.
Ich bin nicht unglücklich, dass es vier Jahreszeiten gibt. Den Sommer und Winter habe ich auch gern, im Winter wird das Häuschen zum Fonduestübli, aber am meisten behagen mir Herbst und Frühling. Hier sitzen und nichts machen? Irgendwie geht das bei mir nicht, wenn ich abhocke, sehe ich bereits nach fünf Minuten, was ich als Nächstes mache. Letzten Frühling schmückte ich die Aussenwände des Häuschens und jetzt im Sommer beende ich die Arbeiten rund um meine Aussenbeleuchtung, repariere Zäune und ein Teil des Daches wird erneuert. Meine umtriebige Ader stresst mich nicht.
Vom Charakter her ist der Spitzacker mehr eine Freizeitzone für Individualisten als eine Schrebergarten-Gemeinschaft. Obwohl einige Häuschenbesitzer ihr Gemüse anpflanzen, kennt man bei uns den Druck nicht, Ernten oder handwerkliche Tätigkeiten mit jenen der Nachbarn zu vergleichen. Man hat hier seinen Frieden und ich meine, dass dadurch wiederum der Gemeinschaftsgedanke gestärkt wird. Es ist eine heile Welt und dazu gehört nicht nur die Aussicht auf Felder, Wiesen und Wälder – auch der Geräuschteppich der Autos und der vorbeifahrenden Trams sind in die Idylle integriert. Oase kann man den Ort nennen, oder auch gschützti Wärchstatt.
Trotz Spitzacker: Meine positive Lebenshaltung kann ich auch bei mir zuhause in Worb ausleben, kein Problem. Rüfenacht isch kes Müesse. Mein Glück hier war, dass die RBS ihre Pläne nicht realisieren konnte, an diesem Ort eine Doppelspur zu bauen. Das würde auch in den nächsten dreissig Jahren nicht mehr passieren, meinte damals ein Angestellter. Daraufhin sagte ich mir: Das sött für mi no länge.»
Aufgezeichnet von
Bernhard Engler