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Walter Geissberger zwischen seiner Kunst im ehemaligen Käselager Rüfenacht. Bild: AW

Schaulager Capramontes: «Ich staune ja selber, was da abgegangen ist»

In den vergangenen acht Jahren hat Walter «Capramontes» Geissberger in seinem Zuhause in Rüfenacht Raum für viel Kultur geboten. Neben Lesungen, Konzerten und Vorträgen kam es auch zu diversen Experimenten und dem einen oder anderen Debut. Doch jetzt ist Schluss mit den Veranstaltungen. Walter Geissberger erzählt, wie man darauf kommt sein Wohnzimmer zum Veranstaltungsort zu machen.

Wenn man in Walter Geissbergers Wohnung im ehemaligen Käselager von Rüfenacht an der Dorfstrasse kommt, dann ist es, als beträte man eine Zeitkapsel, die lebt und atmet. Er ist ein akribischer Sammler, Archivar und Ordner. Da sind seine eigenen Zeichnungen und Objekte, die er im Lauf seiner 50-jährigen Künstlerlaufbahn geschaffen hat und die Werke befreundeter Künstler. 32 Jahre war der gelernte Fernmelde- und Elektronikapparatemonteur Gestaltungslehrer an der Schule für Gestaltung. 2012 ist er nach Rüfenacht gezogen und kurz darauf begann sein Leben als Kulturveranstalter.

8 Jahre, 88 Veranstaltungen und an die 2000 Besuchende, die sich da in deinem Wohnzimmer eingefunden haben. Bei dir als Gastgeber hat man immer gespürt, du brennst für die Sache. Wer ist Walter Geissberger heute, ohne Veranstaltungen im Schaulager?
Walter Geissberger: Ich gehe einfach «e chli use», spaziere zum «Guggerseeli» oder zum Wasserreservoir, sitze auf einem «Bänkli», rede mit den Leuten. Geniesse die Sonne, schaue in den Regen. Ich bin nicht ruhiger geworden, nur mein Radius hat sich verkleinert.

Wie bist du auf die Idee gekommen Kulturveranstalter zu werden? Hast du das geplant oder ist es passiert?
Da war überhaupt nichts geplant. Eigentlich wollte ich in Rüfenacht meine künstlerische Tätigkeit fortsetzen, habe mich aber total in der Lokalität getäuscht. Da war nichts mit Werkstatt, wie an meinem vorherigen Wohnort. Startschuss für die Veranstaltungen war die die «Criminale 2013» (grösstes Kriminalfestival im deutschsprachigen Raum, Anm. der Redaktion). Der Krimiautor Paul Lascaux war auf der Suche nach Leseorten und bei mir haben sich im Lauf der Zeit viele Stühle «zämegläpperet», ich hatte also genug Platz und Sitzgelegenheiten.

Erzähl von deiner ersten Veranstaltung.
Das war 2013 «Rüfenacht: Art & Crime», da haben drei Krimiautoren bei mir gelesen. Ein deutsch-niederländisches Autorenduo und ein Schriftsteller aus Köln. Das war ein super Abend. Nach dieser Veranstaltung sind Bekannte zu mir gekommen und fragten, ob sie auch bei mir auftreten könnten. So ist es einfach immer weiter und weiter und weitergelaufen.

Deine Gäste kamen nicht nur aus deinem Freundeskreis, bei dir haben sich die verschiedensten Menschen getroffen, um Konzerte oder Lesungen zu geniessen und sich auszutauschen. Wie hast du das erlebt?
Hier haben sich Freundeskreise getroffen. Mehrheitlich brachten die Auftretenden ihre Freunde mit. Ich habe immer stolz erzählt, niemand hat wohl so ein Wohnzimmer wie ich. Dass sich hier so viele Menschen getroffen haben, habe ich sehr genossen.

Walter, der Netzwerker: Viele der Kunstschaffenden, die bei dir auftraten, sind mit dir befreundet. Du hast aber auch nach Talenten für dein Schaulager gesucht. Wie hast du sie gefunden?
Einerseits wurde ich angefragt. Wenn mich aber jemand interessiert hat, bin ich auch auf die Leute zugegangen. Z.B. das Kadensky-Quartett, ich bin zu ihnen in den Übungskeller und habe zugehhört. Ich sagte ihnen, kommt zu mir spielen, ich sorge für Publikum. So kam es zu den Sonntagsmatineen mit Jazzkonzerten. Ich bekomme immer noch Anfragen, wann es wieder weitergeht.

Die Corona-Pandemie hat die Kulturszene hart getroffen, auch du musstest 2020 die meisten deiner Veranstaltungen absagen. Was hat dich dazu bewogen, das Schaulager gleich ganz zu schliessen?
Von 15 geplanten Veranstaltungen konnten nur drei durchgeführt werden. Die 12 Absagen haben geschmerzt. Mit Corona ist es für mich erledigt, ich selbst will mich nicht impfen lassen und ich will keinen Ort anbieten, wo diese Seuche weiterverbreitet wird. So eine Pandemie ist kein Spass. Nach einem Jahr ohne Veranstaltungen habe ich mich mittlerweile an mein neues Leben gewöhnt. Meine Hauptbeschäftigung ist es jetzt all meine Gerätschaften und Werkzeuge loszuwerden. Ich bin jetzt auch kein Künstler mehr.

Walter, du bist ein akribischer Archivar, da sind nicht nur deine Werke, sondern auch die Kunst von vielen anderen. Alle Veranstaltungen sind dokumentiert und in einem Katalog abgedruckt. Was treibt dich so zum Sammeln und Ordnen an?
Chaoten müssen ordnen lernen, auch als Sammler. Das Leben hat doch manches Chaotisches – wie bekomme ich es vielleicht doch noch in den Griff? Meine Veranstaltungen waren ein Leben vom Feinsten hier in Rüfenacht: Ich konnte einfädeln, einladen, durchbegleiten, nachpublizieren und damit Gemeinschaft pflegen.

Du bist zu einer Art Dorfchronist geworden und hast viel über Rüfenacht zusammengetragen. Du lebst auch in einem Haus, das in der jüngeren Geschichte von Rüfenacht eine Rolle gespielt hat. Hast du dich schon immer für Geschichte interessiert oder ist das erst mit diesem Haus gekommen?
Rüfenacht ist mein 13. Wohnort und mich interessiert einfach, was um mich alles abgeht und wo ich lebe. Ich höre gern zu, wenn Alteingesessene von früher erzählen.

Das Schaulager ist nicht mehr, was planst du für die Zukunft?
Das wird mein Meditationsstübli. Ich versuche jetzt alles, Objekte, Stühle und Werkzeuge, zu verkaufen. Dann gehe ich dort hinunter «chli für mi ga meditiere.»
Es hat alles seine Zeit, eine Phase löst die andere ab und mit der Zeit tut das Hinter-sich-lassen nicht mehr so weh (lacht).

Was geschieht mit deinem Archiv?
Das weiss ich noch nicht, ich muss erst mit meinen drei Kindern darüber reden. Ich möchte, dass die Essenz meines Archivs mich überdauert. Ein paar Bände sind schon in der Nationalbibliothek eingelagert, aber das Wichtigste ist noch hier bei mir. Die Menschheit wird nicht überdauern und ich habe bisher mein Leben bestens gelebt. Ich habe mir immer Mühe gegeben, dies alles zusammenzutragen und zu dokumentieren. Wer Freude an künftiger Abholkunst hat, darf sich gerne etwas abholen, wenn die Schleuse geöffnet wird.

Interview: AW

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