Ich warte mal auf den Handwerker – unsere Berufslehre

Als Unternehmer in Worb beschäftige ich mich täglich mit dieser Frage. Beziehen wir doch viele Arbeitsleistungen und Materialien aus der Region. Während der Coronazeit war die Verfügbarkeit eingeschränkt. Aktuell sind nun die Materialien wieder in akzeptablen Fristen verfügbar, aber Wartezeiten für handwerkliche Arbeiten enorm hoch und dies in einem nie dagewesenen Ausmass. Es ist praktisch gleich in welche Arbeitsgattung ich höre, überall tönt es ähnlich! «Uns fehlen die Mitarbeitenden.» Angefangen beim Gastgewerbe, den handwerklichen Betrieben bis hin zu den Dienstleistern im Gesundheitswesen. Die Jobangebote schnellen in die Höhe. In der Region Worb hat es 400 nicht besetzte Stellen (jobs.ch).

Aber was sind die Gründe, welche die Arbeitnehmenden oder Arbeitgebenden angeben?

• Die «Unattraktivität» der Berufslehre mit wenig Zukunftsaussichten
• Die Reduktion der Arbeitspensen und weg vom 100 %-Job, hin zu mehr Freizeit
• Eine frühzeitige Pension vor dem ordentlichen Rentenalter

Nüchtern betrachtet sind dies Punkte, welche aufzeigen, dass wir in unserem Land einen sehr hohen Wohlstand haben. Wir wollen weniger Arbeit leisten und mehr Freizeit. Es ist anzumerken, dass sich dies primär Wohlhabende mit guter Ausbildung leisten können und zahlenmässig nimmt diese Schicht zu. Dieser Entwicklung ist klar entgegenzuwirken. Aber wie?

Liebe Eltern, schickt Eure Kinder wieder in die Berufslehre. Sie ist in dieser Form auf der Welt einzigartig. Es ist eine Top Grundlage, wo Berufserfahrung gesammelt werden kann, die einem der Einstieg in eine spätere Weiterbildung z.B. als Ingenieur ermöglicht. Man erlangt zudem früh im Leben die eigene Selbstständigkeit.  

Leider herrscht (oft bei den Eltern) das Bild, dass die Kinder den akademischen Weg einschlagen sollen, welcher höhere Einkommen, sprich Geld, suggeriert. 

Vielleicht gilt es auch das Schulsystem Real / Sekundarschule zu überdenken. Sind die Anforderungen für den Sek.-Übertritt zu tief? Wir haben heute prozentual mehr Sekschülerinnen gegenüber früher! Wenn dem so ist, sinkt das Bildungsniveau an beiden Stufen. Ich spreche von jenen Jugendlichen, die früher den Übertritt in die Sek. aufgrund der höheren Anforderungen nicht geschafft haben. So muss nun in der Sek. mehr Aufwand betrieben werden, um das angestrebte Niveau zu erreichen, oder es wird gesenkt! Notabene ist dann die Motivation tiefer, da der Erfolg ausbleibt. Im Gegenzug fehlen diese Schüler in der Realschule. Dort sind sie als Zugpferde und Vorbilder für die anderen Realschülerinnen nötig und das bisherige Niveau in der Realschule könnte gehalten, wenn nicht sogar ausgebaut werden. 

Was tun? Geben wir der Berufslehre den Status, den sie verdient. Begegnen wir den Handwerkerinnen auf gleicher Höhe wie den Akademikern, sei dies mit Anerkennung und finanziellem Ausgleich. Stützen wir diese Arbeiten breiter ab und können so den Wohlstand auch tiefer und breiter in der Basis verankern. 

Wie messen wir dann den Erfolg? Er ist einfach. Verlangen Sie einen Handwerker und er steht innerhalb kürzester Frist zur Verfügung.

In diesem Sinne wünsche ich Euch angeregte Diskussionen. Ich freue mich von Euch zu hören.

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Niklaus Sägesser

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