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2203_Vis-a-Vis-Kurt-Richard

Vis-à-vis mit Kurt Richard, Schwarz-Spieler

«Neben dem Schachspiel fröhne ich auch dem Schiesssport. Wenn man mir eine Pistole auf die Brust setzt, mit der Frage, ob ich lieber Schach spiele oder schiesse, würde ich trotzdem Schach sagen. Vielleicht hätte ich mit dieser Antwort Pech gehabt, umgekehrt womöglich auch. Schiessen und Schach spielen – die meisten meinen, das wäre ein Gegensatz. Aber sie haben eine grosse gemeinsame Komponente, und die heisst Konzentration. Wenn du dich nicht konzentrieren kannst: Chasch ds gschitschte Hirni ha – es nützt nüt.

Mein Vater lehrte mich das Schachspiel, als ich fünfjährig war. Gespielt wurde immer am Sonntagmorgen, und ich war nicht nur klein, sondern jähzornig und stur. Als ich als Sechsjähriger wieder einmal gegen meinen Vater verlor, warf ich das Schachbrett samt Figuren auf den Boden, hörte mit dem Schach auf und vergass alles.

Oder auch nicht. Jahre danach nahm ich als Jugendlicher an einem Lehrlingslager teil. Es wurde ein Schachturnier durchgeführt und ich wurde Zweitplatzierter, hatte unter anderem noch alle Eröffnungsvarianten präsent. Danach liess ich das Schachspielen erneut sein und begann erst viele Jahre später wieder damit, im Schachclub Worb. Ich war dort zwar nicht der Beste, landete aber schnell in der ersten Mannschaft. Und muss heute eingestehen: Ich bin seither nicht viel besser geworden.

Immerhin: In einem Turnier im Cup-System stiess ich gleich in der ersten Runde auf einen Schweizer Meister. Wir spielten und spielten und spielten, und irgendwann hatte jeder von uns nur noch seinen König und zwei Bauern übrig. Ich verlor dann trotzdem, weil mein Gegner den einen seiner Bauern gegen eine Dame tauschen konnte. Mein Kontrahent sagte am Ende zu mir: ‹Junge Maa, dir heit die Eröffnig ganz guet behandlet!› Ich hatte keine Ahnung mehr, wie ich das Spiel eröffnete, verlor sogar auf einfache Art einen Bauern. Aber gerade deshalb kam ich wieder ins Spiel zurück, der einfache Fehler hatte meinen Ehrgeiz angestachelt.

Das Klischee, dass Schachspieler irgendwie Nerds sind, leicht verschrobene Knüüsse, stimmt aus meiner Erfahrung nicht. In einem Schachclub begegnet man verstärkt ruhigen, gediegenen bzw. höflichen Menschen, aber unsere Mitglieder waren nicht in sich gekehrte Intellektuelle und setzten sich aus verschiedensten Berufsgruppen zusammen: Lokführer, Sanitätspolizist, Hausfrau, Bauleiter etc.

Unfaires Verhalten wie in anderen Sportarten kennt man unter Schachspielern nicht, die Sache ist zu sehr reglementiert. Natürlich gibt es das eine oder andere Mätzchen, das aber eher harmloser Natur ist. Ich hatte ein paar Mal zu einem Gegner gesagt: ‹Pass de uf, i bi de guet mit Schwarz›, aber das war eher halbernst gemeint und gute Gegner konnte ich damit eh nicht verunsichern. Als Spieler war ich tatsächlich im Verteidigen recht stark und spielte deshalb gerne mit den schwarzen Figuren, die von Beginn an eher aus der Defensive spielen, weil Weiss den ersten Zug macht. 

Schachspielen kann ich jedem empfehlen und finde es schön, wenn man damit schon früh anfängt. Das Spiel fördert das logische Denken und das Gedächtnis und mir persönlich half es im Beruf in ganz konkreten Situationen, dass ich nicht vorschnell urteile, sondern zuerst eine Situation eingehend betrachte. 

Das Gesellige ist beim Schiesssport natürlich ausgeprägter als in einem Schachverein. Im Schützenverein sitzst du am Schluss in der Schützenstube, es gibt auch mal eine Chäsplatte, man plagiert ein bisschen und trinkt hie und da nicht allzu wenig. Beim Schachclub sah das so aus: Man traf pünktlich ein, spielte, analysierte in einer stillen Ecke die eine oder andere Partie und wenn man fertig war, war fertig. Da brauche ich als Ausgleich halt das Zusammensein, das ein Schützenverein bietet.

Seit Kurzem ist der Worber Schachclub schachmatt. Zuletzt blieben vier Vorstandsmitglieder übrig, ich war seit sechs Jahren Präsident, früher schon mal während zehn Jahren. Als ich im Club eintrat, war Schach eine blühende Angelegenheit, wir waren fast dreissig aktive Spieler. Noch vor zwanzig Jahren hatten wir rund zwanzig Jugendliche, wir kapierten allerdings nicht, dass wir trotzdem in eine Überalterung schlidderten. Viele Kinder wandten sich mit der Zeit anderen Sportarten zu oder wechselten als Jugendliche in einen Schachclub nach Bern – das Leben halt. Noch viel lieber bleiben die Jungen heute unabhängig und spielen am Handy oder am Compi, und von daher hatte ich mir auch schon überlegt, einen Zoom-Schachclub zu gründen. Da gäbe es zwar ebenfalls fixe Spielzeiten, aber für Jugendliche hätte es am Schluss den einen Vorteil: Si müesste nid no i Stärne eis ga zieh.»

Aufgezeichnet von 
Bernhard Engler

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