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2207_Vis-a-vis-Foto-Santiago-Iglesias

Vis-à-vis mit Santiago Iglesias, Geschichts-Gwundernase

«Mein Gwunder für Historisches ist mit einem Kardinal-Erlebnis verbunden. Auf einer frühen Reise durchs Monument Valley durfte ich einer Versammlung eines Indianerstammes beiwohnen, ein Pendant zu unserer Gemeindeversammlung. Der grosse Unterschied: Die Atmosphäre war total ruhig, der Ton der Sprechenden leise, niemand redete dem anderen drein. Hinter dieser Form spürte ich nicht nur eine Kultur mit grosser gegenseitiger Achtung, sondern gleichzeitig eine völlige Effizienz. 

Durch die Jahre hindurch führte mich dieses Erlebnis zur Erkenntnis: Bevor ich etwas beurteile, versuche ich zu verstehen, versuche die Hintergründe einer Situation kennen zu lernen. Eine Situation, die oft mit der Frage verbunden ist: Hat etwas, das mir nicht passt, mit mangelnder Bildung zu tun – oder ist mir selber ein kultureller Hintergrund nicht bewusst, der ins Spiel kommt? Schon oft sagte ich meinen Kindern: ‹Anstatt dass ihr sagt ‹das isch für nüt›, fragt ihr euch besser, wie etwas entstanden sein könnte.›

Mein Geschichtsinteresse kennt weder zeitliche noch geografische Grenzen. Wenn vor meinen Augen etwas auftaucht, das mich nicht logisch dünkt, weckt es mein Interesse und führt mich meistens in die Vergangenheit. 1983 reiste ich nach Sizilien und hörte per Zufall zwei alte Sizilianer miteinander sprechen. Aber irgendetwas wirkte auf mich komisch, sie sprachen nicht den einheimischen Dialekt, sondern einen valenzianischen. Ich begann zu recherchieren und las, dass Sizilien mal zu Spanien gehörte und dessen König den Sizilianern das Valenzianisch aufgezwungen hatte.

1965, als ich als Sechsjähriger in die Schweiz kam, sagte mir mein Vater: ‹Schau, wir sind hier in einem fremden Land, da passen wir uns an.› Mein Vater war ein spanischer Mineur, ein Sprengmeister, und ein Analphabet. Aber ich bin selten einem gescheiteren Menschen begegnet. Meine Anpassung führte damals ziemlich weit. Als ich, kurz nach meiner Einreise mal dringend pinkeln musste und bei unserem Hauseingang vor einer verschlossenen Eingangstür stand, getraute ich mich nicht, wie das in Spanien der Brauch war, hinter den nächsten Baum zu stehen. Ich wartete und wartete. Und wartete, bis meine Hosen nass wurden. 

Die Region Caceres ist meine ursprüngliche Heimat, sie grenzt im nördlicheren Spanien an Portugal. Bekannt ist die Gegend für die Chorizo-Wurst und ihren exklusiven Schinken, den Pata Negra, der von Schweinen stammt, die sich ausschliesslich von Eicheln ernähren. Weil meine Kollegen vom SC Worb immer wieder über die spanische Küche gefrotzelt haben, brachte ich ihnen mal aus meiner Heimat einen 13 kg-Schinken mit. Dreizehn Senioren haben diesen an einem einzigen Abend weggeputzt, i ha wahnsinnig Fröid gha.

Vielleicht gab das den Ausschlag, dass ich später mit fünf dieser Kollegen eine Reise in meiner alten Heimat machte. Wir mieteten einen Minibus und fuhren durch die Gegend, sahen dabei kein einziges schwarzes Schwein, dafür enorme Stiere. In den Restaurants liess ich typische und sehr banale Speisen auftischen. Eine Brotsuppe, mit Paprika und viel Knoblauch. ‹Giele, we dir mau e ächti Brotsuppe heit gha, ässet dir nume no Brotsuppe›, verkündigte ich. Und siehe da: Zuerst liessen sie sich die Suppe in einer kleinen Schale servieren, bis sie grosse Teller verlangten.

Wenn man mit älteren Männern unterwegs ist, dominiert zwangsläufig das Thema ‹Essen und Trinken›, aber ich führte die kleine Gruppe auch zu anderen Orten der Kultur. Wir besuchten das Kloster, wo Kolumbus auf das Geld der Königin Isabella von Kastilien wartete, welches ihm schlussendlich seine Indien-Expedition finanzierte und ‹versehentlich› zur Entdeckung Südamerikas führte. Wir bestaunten Gebäude wie das Muschelhaus und besuchten die Plaza Mayor in Salamanca, wo zwei von uns tatsächlich den traditionellen Volkstanz ‹La jota› mittanzten – für unsere Ohren eine Art Hirtenmusik, mit Tamburin und Flöte.

Im Kontakt mit den Leuten ziehe ich das Thema ‹Historisches› nie aktiv an, man landet eh in fast allen Gesprächen beim ‹früecher›. Und so wie ich früher nur Spanier war, bin ich jetzt auch Schweizer und bezeichne mich selber als ‹spanischen Ur-Worber›. Mich regen übrigens die Leute auf, die dauernd über die Schweiz lästern. Ich erinnere mich an eine Diskussion am Familientisch, mit Alten und Jungen, wo wir über die milden Strafmasse bei der Verurteilung von gewalttätigen Rockerbanden oder Juwelierräubern diskutierten. Eine junge Juristin belehrte mich dann, dass solche Gesetzgebungen von unserer Gesellschaft abgesegnet wurden. Was für historische Chancen, immer und immer wieder. I finde d Schwiz e Hit!»

Aufgezeichnet von 
Bernhard Engler

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