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Ginie Smith Meier. Bild: KS

Worber Expats: «Manchmal stosse ich die Leute vor den Kopf.»

In diesem Teil unserer Expatriates-Serie portraitieren wir Ginie Smith Meier. Sie stammt aus Groningen im Norden der Niederlande, studierte vier Jahre Physiotherapie und wurde als Therapeutin in die Schweiz abgeworben.

Frau Smith Meier, wann und warum sind Sie in die Schweiz gekommen?
GSM: Ich war im Alter von 16 Jahren einmal im Naturfreundehaus im Kiental. Das Bergwandern und die Natur haben mich damals schon fasziniert. Als ich 1994 nicht sofort eine Stelle als Physiotherapeutin in Groningen gefunden habe und in unserem Fachblatt freie Stellen für die Schweiz ausgeschrieben wurden, habe ich mich beworben. Die Personalagentur hatte extra ein Büro in Amsterdam für diese Interviews, denn in der Schweiz gab es damals über 300 offene Stellen, während die Niederlande eher zu viele Fachkräfte ausbildeten. In meiner Heimat ist die Ausbildung in Physiotherapie ein vierjähriger Studiengang mit Bachelorabschluss.

Wo war Ihr erster Arbeitsplatz?
Zuerst arbeitete ich im Bethanienspital in Zürich. Langfristige Pläne hatte ich keine, wenn es mir nicht gefällt, dachte ich, ziehe ich halt weiter.

Sie sind geblieben, hatte das auch private Gründe?
Ja, das ist eine spezielle Geschichte. Eine Frau, begeisterte Curlerin, war wegen eines Bandscheibenvorfalls bei uns in längerer Behandlung. Zum Dank für unsere Arbeit hat sie uns eine Curling-Probelektion geschenkt, und der damalige Trainer ist heute mein Mann. Wir haben einen Sohn, als er noch klein war, habe ich nur in kleinen Pensen in privaten Praxen gearbeitet. 

Wie hat sich Ihre berufliche Situation dann entwickelt?
Es war mir immer wichtig, mich fortzubilden. Ab 2008 habe ich Kurse in Ergonomie und Prävention gegen Beschwerden am Bewegungsapparat geleitet. Bei der Schweizerischen Post war ich an einem Schulungsprogramm beteiligt, bei dem alle Päckliboten für das Thema Haltung und Bewegung sensibilisiert und trainiert wurden. Danach ging die Zahl der krankheitsbedingten Absenzen um 2 % zurück, das war sehr beeindruckend. Inzwischen arbeite ich selbständig. Für die Suva führe ich beispielsweise Schulungen in Bildschirmergonomie und Arbeitstechniken durch.  2018 habe ich endlich meinen zweiten Berufswunsch verwirklicht und bei «Bündner Wanderwege» die Ausbildung zur Wanderleiterin gemacht.  Inzwischen arbeite ich 60 % in Ergonomie und Prävention und leite 6–7 Wochen pro Jahr Wanderungen. Das sind Bergwanderungen, Juratrekkings oder aktive Carreisen mit Wanderungen. Meine Zielgruppe sind übrigens auch Holländer!

Sind Sie gut in die Gemeinde Worb integriert? 
Wir sind erst 2019 nach Worb gezogen, dann kam der Lockdown und vieles war in dieser Zeit leider nicht mehr möglich. Ausser einem Pilateskurs bin ich in Worb gesellschaftlich noch nicht aktiv, habe aber sehr gute Kontakte mit den Nachbarn. Wir haben eine eigene kleine Wohnung in der Vechigenstrasse.

Was denken Sie über die Schweizerinnen und Schweizer?
Generell sind sie sehr höflich und distanziert. Als ich noch in Zürich lebte, machte ich einen Rock’n’-Roll-Kurs in einem Tanzclub. Es war so steif und formell, alle haben einander vorher und nachher immer die Hand geschüttelt! Ich bin sehr direkt und stosse manchmal die Leute vor den Kopf, aber im Laufe der Jahre bin ich vorsichtiger geworden. Ausserdem fiel mir der Kantönligeist auf. Als ich von Zürich in den Aargau zog, gab es Probleme, denn in Zürich bekam ich eine sogenannte L-Bewilligung, mit der man nach 2,5 Jahren, wenn man endlich den B-Aufenthaltsstatus hatte, den Führerschein in ein Schweizer Dokument umtauschen konnte. Im Aargau hätte ich aber schon nach einem Jahr den Schweizer Führerschein haben müssen! Fast hätte ich die Fahrprüfung wiederholen müssen, aber zum Glück war die Mitarbeiterin vom Verkehrsamt sehr kulant.

Kamen Sie mit der Sprache gut zurecht? 
Als ich mich für die Stelle vorgestellt habe, wurde hochdeutsch gesprochen und ich dachte, das ist ja alles super. Dann im Job kam der Schock: Die Patienten haben sich Mühe gegeben, aber meine Kollegen haben nur Mundart geredet! Nach drei anstrengenden Monaten habe ich endlich alles verstanden.

Erzählen Sie uns noch eine Anekdote. 
Einmal, als ich noch nicht lange hier war, habe ich einen Patienten nach der OP behandelt. Danach habe ich ihm die Klingel in die Hand gedrückt und gesagt: Wenn Sie Hilfe brauchen, bellen Sie! Bellen heisst auf Niederländisch klingeln.

Denken Sie jemals ans Zurück­gehen?
Eher nicht, aber ganz ausschliessen möchte ich es nicht. In Holland habe ich immer noch richtig gute Freunde. Zurzeit arbeite ich an einem Konzept, um interessierten Schweizern ganz besondere Ferien in Holland anzubieten.
Interview: KS

Infos zu ihren Reisen gibt es auf www.hollandreisen.ch.

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