Suche
Close this search box.
20220602_100439
Antje Waeber und Tanja Pfister, Vorstand Ortsgemeinschaft Enggistein. Bild: KS

Worber Ortsteile: Enggistein: Empathie für Mensch und Tier

Im kleinen Enggistein, das 398 Bewohner zählt, sind beeindruckende Entwicklungen in Gang. Sechs junge Mütter übernehmen den Vorstand der Ortsgemeinschaft (OGE) und planen die gesellschaftliche Zukunft des Ortes mit digitalen Mitteln. 

Enggisteins Bewohner schützen seit Jahren bedrohte Amphibien und sorgen für ein sicheres Geleit zu deren Laichplätzen. Die soziale Kompetenz ist schon bei den Kindern hoch: Flüchtlingskinder werden einfühlsam in die Schulklasse integriert. Für diesen Bericht haben Antje Waeber und Tanja Pfister vom OGE über ihr Dorf gesprochen.

Neue Köpfe bei der Ortsgemeinschaft
Als einzig verbliebener Verein bemüht sich die Ortsgemeinschaft Enggistein seit einigen Jahren um neue Mitglieder. 1968 gegründet, um die Interessen der Bevölkerung wahrzunehmen sowie das gesellschaftliche und kulturelle Leben des Ortes zu fördern, hatte die Ortsgemeinschaft in ihrer Hochblüte 142 Mitglieder. Doch mit der Schliessung von Läden und der Poststelle liess auch das Gemeinschaftsgefühl des Ortes nach, und der auf drei Personen reduzierte Vorstand trat aus Alters- und Gesundheitsgründen geschlossen zurück. Einige junge Mütter unter der Federführung von Antje Waeber und Manuela Kistler konnten schliesslich weitere Frauen dafür gewinnen, den Verein neu und digital wieder aufzustellen. In den vergangenen Jahren wurden neben den Anliegen der Bevölkerung zu Verkehrsfragen oder Schule auch gesellige Anlässe wie Raclette und Bräteln organisiert. Die jungen Enggisteinerinnen planen nun mit Hilfe des Internets, WhatsApp, Facebook und Instagram, Enggistein zu neuem gesellschaftlichem Leben zu erwecken. Geplant sind ein Sommerfest Ende August, die Gestaltung von Adventsfenstern im Dezember und ein Orientierungslauf auf dem Änggist im nächsten Frühling.

Bedeutendes Wasser
Worb verdankte Enggistein im Mittelalter einen bedeutenden Teil seiner wirtschaftlichen Entwicklung,  weil ein Teil des Biglenbachs nach Worb abgeleitet wurde und so wasserbetriebene Gewerbe entstehen konnten. Zudem entsprang eine Heilquelle, die ab dem 15. Jahrhundert im «Bad Enggistein» genutzt wurde. Das berühmt-berüchtigte Badehaus, immer wieder im Fokus wegen unzüchtigen Verhaltens einiger Besucher, brannte in den folgenden Jahrhunderten mehrmals ab, wurde immer wieder aufgebaut – bis 1984 das Badhaus endgültig verbrannte.
Schliesslich gibt es im Enggisteinmoos einen Weiher, der bedrohten Amphibien wie Erdkröten, Bergmolchen und sogar Grasfröschen als Laichplatz dient. 

Kröten-Ueli
Es war Ueli Neuenschwander, Lehrer und Naturschutz-Pionier, der die Enggisteiner Kinder früh sensibilisierte, mit ihnen Schutzzäune baute und so den Kröten im Frühjahr die Wanderung zu den Laichplätzen am Weiher erleichterte, denn die Überquerung der Strasse gefährdet die geschützten Tiere. Nun werden Amphibienzäune entlang der Strasse gesetzt und Kübel in die Erde gelassen, in die die Tiere fallen. Später werden sie und andere eingefangene Tiere zum Weiher gebracht. Inzwischen hilft ein Teil der Bevölkerung mit, es wurde sogar eine Gruppe zum Schutz der Amphibien gegründet, die während der Hauptwanderzeit der Kröten nachts in mehreren Schichten patrouilliert. Die Zahl der wandernden Amphibien schwankt zwischen 100 und 1000 pro Saison, dieses Jahr wurden ca. 500 Tiere gezählt. Die Amphibiengruppe freut sich über Verstärkung und kann über die Ortsgemeinschaft kontaktiert werden. 

Gewerbe im Wandel 
Wie in so vielen Aussenorten hat auch in Enggistein viel lokales Gewerbe den Betrieb aufgegeben, doch Neues ist ebenso entstanden. Gab es 1970 noch zwei Läden, eine Post, je eine Bäckerei, Schumacherei, Käserei und Mühle, haben bis heute nur die Schreinerei Stucki, die Schlosserei Iseli, Holzbau Herrman, das Baugeschäft Lüthi und das Heizöldepot Wälti überlebt. Die Filzfabrik Fissco, gegründet 1841, wurde 2010 von Niklaus Sägesser übernommen und produziert heute Filzmaterialien aus recycliertem Polyester für die Stahlindustrie und das Baugewerbe. Zudem stellt die Tochterfirma Fisolan natürliche Dämmstoffe aus Schafwolle her. Im Gutshof Enggistein führen Jürg Reusser und Christina Bovard Reusser einen biologischen Landwirtschaftsbetrieb mit Pferdezucht sowie eine Pferdepension. Restaurants gibt es keine, die Bedli-Bar ist seit 2011 geschlossen. Neu in Enggistein entstanden sind der Hundesalon «Schnüffelnase», das Coiffeurgeschäft Manuela sowie die Gebäudetechnikfirma Juliano, die sich auf Sanitär- und Entwässerungstechnik spezialisiert hat. Das Blumengeschäft Arkadia zog von Worb in das Gebäude der ehemaligen Käserei. Die Grosshöchstetter Firma «Gerber macht’s» betreibt neben dem Recycling von Steinmaterial ihren Werkhof und ihr Lager in Enggistein. Bedeutend für die lokale Bevölkerung sind die neu entstandenen, oft unkonventionellen Hofläden. Der ökologische Bauernbetrieb «AlBaRo»  führt das Änggistlädeli, wo Hofprodukte je nach Saison verkauft werden. Hier gibt es nebst dem tierfreundlich erzeugten Änggistsäulifleisch auch Enteneier, Gemüse, Liköre und Kreatives. Der Hofladen «Tschirren» verkauft unter anderem Käse, Fleisch, Eier, Konfitüre, Kartoffeln und sogar eigene Glace. «Die neuen Hofläden tun Enggistein gut», sagt Antje Waeber, «es ist wichtig, wieder lokal einkaufen zu können.» 

Soziale Verantwortung
Mit Frau Schneider und Frau Liebe hat die Mehrjahrgangsklasse der Schule Enggistein zwei ausgezeichnete und engagierte Lehrerinnen, finden Antje Waeber und Tanja Pfister. Sie sind überzeugt, auch aufgrund der Rückmeldungen der Lehrkräfte im Worbboden, dass die Enggisteiner Kinder eine hohe Sozialkompetenz haben. Diese haben sie wiederholt unter Beweis gestellt: Ältere Kinder unterstützen jüngere in der Schule, Flüchtlingskinder werden freundlich, aktiv und teils mit Geschenken in die Gemeinschaft aufgenommen, und als ukrainische Flüchtlinge nach Enggistein kamen, organisierte die Schule vor den Frühlingsferien auf Initiative der Kinder einen Basar, dessen Erlös den geflüchteten Menschen in Enggistein direkt zugutekommen soll. Auch Niklaus Sägesser, Besitzer der Filzfabrik, engagiert sich für Geflüchtete, indem er die leerstehenden Bereiche  der Fabrik umbaute und den Platz anerkannten Flüchtlingen zur Verfügung stellte. Zurzeit sind Menschen aus der Ukraine im Gebäudekomplex untergebracht. Im Dorf gibt es bereits eine Willkommensklasse für ukrainische Kinder. Ausserdem befindet sich auf dem Gutshof Enggistein seit Februar dieses Jahres ein Rückkehrzentrum für Familien und alleinstehende Frauen, die Kinder dieser Familien werden in den Regelbetrieb der Enggisteiner Schule eingegliedert. 

Familiengerechtes Leben 
Auf der Lehnrütti, mitten in friedlicher Natur am Waldrand, liegt ein wunderschöner Grillplatz in malerischer Umgebung, wo man sogar Corona für eine Weile vergessen konnte. Das Homeschooling verkrafteten Eltern und Kinder in ihrem idyllischen Umfeld gut, wie Tanja Pfister und Antje Waeber versichern. Zwar bedauern die jungen Enggisteiner Mütter, die alle berufstätig sind, dass es im Ort selbst keinen Kindergarten mehr gibt, gleichzeitig ist man aber froh, dass die Schule erhalten blieb. Nicht zuletzt ist die Tagesschule Worb bei den Enggisteiner Familien sehr beliebt. Sie können hier die Betreuungsgutscheine der Gemeinde Worb einlösen, ein System der finanziellen Unterstützung bei der Kinderbetreuung, das grossen Anklang findet. Die Kinder werden von einem Fahrdienst nach Worb gebracht und lernen in der Tagesschule, im Kindergarten, beim Fussball, KUW oder im Turnverein Kinder aus Worb kennen, mit denen sie später in der Oberstufe dieselbe Klasse besuchen. Zwei Postautolinien verbinden Enggistein mit Worb zweimal pro Stunde und sind an die Schulzeiten angepasst, so dass das Gefühl der Zugehörigkeit zu Worb gross ist. KS

Ortsgemeinschaft Enggistein
Frau Antje Waeber
ogenggistein@bluewin.ch
Sommerfest Enggistein: 27. August 2022 ab 15 Uhr

Beitrag teilen:

Aktuelle Beiträge

In Rüfenacht steht ein weiteres Verdichtungsprojekt an. An der Hinterhausstrasse, wo heute noch das alte Aebersold Bauernhaus steht, soll eine Wohnüberüberbauung, bestehend aus vier Gebäuden, errichtet werden. Das dafür benötigte Areal wird von der Gemeinde gekauft und im Baurecht abgegeben.

Warning: Undefined array key "button_class" in /home/httpd/vhosts/aeschbacher.ch/worberpost.ch/wp-content/plugins/premium-addons-for-elementor/includes/class-premium-template-tags.php on line 1009

In unserem täglichen Leben, spielt das Virus, das die Welt von 2020 bis 2022 fest im Griff hatte, zum Glück keine grosse Rolle mehr. Um bei möglichen kommenden Krisen besser gerüstet zu sein, hat der Gemeinderat eine Befragung unter den Behörden und angeschlossenen Institutionen durchgeführt. Nun sollen organisationsübergreifende Konzepte erarbeitet werden, um die Handlungsfähigkeit auch im Krisenfall zu gewährleisten.

Warning: Undefined array key "button_class" in /home/httpd/vhosts/aeschbacher.ch/worberpost.ch/wp-content/plugins/premium-addons-for-elementor/includes/class-premium-template-tags.php on line 1009

Auf Basis von einer Umfrage wurden Velostrecken in der Gemeinde Worb überprüft. 48 Fahrverbote für Velos und E-Bikes, die aus Sicht des Gemeinderates unnötig sind, sollen nun schrittweise aufgehoben werden.

Warning: Undefined array key "button_class" in /home/httpd/vhosts/aeschbacher.ch/worberpost.ch/wp-content/plugins/premium-addons-for-elementor/includes/class-premium-template-tags.php on line 1009