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v.l.n.r. Angelika Widmer, Hansueli Werthmüller. und Deborah Zürcher vor dem historischen Speicher in Wattenwil. Bild: KS

Worber Ortsteile: Wattenwil-Bangerten: Im Reich der Hochstamm-Obstbäume

Die beiden höchstgelegenen Worber Weiler, Wattenwil und Bangerten, sind ländlich geprägt und doch hat der Aussenort mit dem Doppelnamen ein ganz eigenes Profil. 

Geschützte, historische Bauernhäuser mit Krüppelwalmdächern machen Wattenwil-Bangerten im Bauinventar zu einem Ort von nationaler Bedeutung, der fast 100-jährige Männerchor geniesst eine hohe regionale Bekanntheit, wertvolle Hochstammbäume prägen das Bild der Obstwiesen und zu den Nutztieren trägt man ganz besonders Sorge. Die Worber Post sprach mit Deborah Zürcher, Angelika Widmer und Hansueli Werthmüller.

Der «höchste» Worber vom Lüseberg
Der Lüseberg ist mit seinen 924 Meter über Meer der höchste Punkt der Gemeinde. Hier oben am Hübeli, auf knapp 900 Höhenmetern, wohnt alt Landwirt Fritz Brandt und ist damit geographisch gesehen der höchste Worber. Er schaut auf Bangerten, 787 M.ü.M., und Wattenwil, 769 M.ü.M., und sogar auf den Worbberg herunter. Auch die Obstbäume wachsen hoch in den beiden Orten: Allein auf dem Hof von Deborah Zürcher wachsen 70 Hochstamm-Obstbäume. Ob Apfel, Birne, Kirsche, Quitte, Zwetschge oder Pflaume, hier oben findet man weitgehend hochstämmige Sorten. Geerntet wird ausschliesslich von Hand. Dann werden die Bäume geschüttelt und das Obst zu Konfitüre, Dörrfrüchten, Most oder Schnaps weiterverarbeitet. Viele alte Sorten befinden sich auf der Liste der Organisation Pro Specie Rara.

Geselliges Singen: Männerchor und Frauengruppe
Der wohl berühmteste Export aus Wattenwil-Bangerten ist der Männerchor, der 1924 gegründet wurde und seit 53 Jahren unter der Leitung von Peter Hubacher ein breites Spektrum an musikalischen Stilen abdeckt, von traditioneller Chormusik über Country bis Pop und Rock. 23 Mitglieder zählt der Chor, darunter etliche Auswärtige. Bekannt sind vor allem die Heistrich-Konzerte, doch auch die lokalen Trysset-Feste umrahmt der Chor musikalisch. Kurz vor der Pandemie im 2019 war der Männerchor noch auf Vereinsreise in Bozen, wo er bei der Hauptversammlung des Bäuerinnenvereins auftrat, ein Anlass, von dem die Sänger noch heute schwärmen. Hansueli Werthmüller, langjähriges Mitglied des Männerchors, freut sich ungemein, dass nun endlich wieder Konzerte gegeben und Feste gefeiert werden können. Eine eigene CD mit dem Titel «Änet em Lied» hat der Chor produziert, und 2024 wird er sein 100-Jahr-Jubiläum feiern.

Weitere Vereine gibt es nicht mehr, doch treffen sich unverbindlich verschiedene Ortsgruppen. Da kommen Frauen zum Kaffee und Stricken zusammen, jüngere Frauen zum Informationsaustausch und ältere Frauen und Männer zum Spielenachmittag. Zudem gibt es ein WM-Stübli, wo sich die Bevölkerung zum gemeinsamen Mitfiebern bei den Fussball-Meisterschaftsspielen trifft. Seit 2019 gibt es eine Ortsgruppe, die gemeinsam mit den Vertretern der Gemeinde Worb die Anbindung an die Worber Wasserversorgung organisierte. Seitdem trifft man sich regelmässig und tauscht sich über die Anliegen der Bevölkerung aus.

Bevölkerung und Wirtschaft
Nur 133 Einwohner zählt Wattenwil-Bangerten. Letzteres gehört erst seit 1880 zu Wattenwil, jedoch nicht ganz, denn im Nordwesten des Weilers gehören zwei Höfe auf der linken Seite der Bangertenstrasse kurioserweise zwar zum Weiler Bangerten, doch liegen sie auf dem Gebiet der Gemeinde Vechigen. Der Strukturwandel ist auch hier deutlich: Einige landwirtschaftliche Betriebe haben aufgegeben, die verbleibenden haben zum Teil in den vergangenen 20 Jahren von Milchwirtschaft auf Fleischwirtschaft, d.h. Mutterkuhhaltung oder Kälbermast, umgestellt. Von praktisch jedem Bauernbetrieb arbeitet mindestens ein Familienmitglied auswärts, um das Einkommen zu sichern. Mit der Firma Sturzenegger Fahrzeugbau existiert noch ein Gewerbebetrieb in Bangerten, welcher sich in der ganzen Schweiz mit qualitativ sehr guten Fahrzeugen einen Namen gemacht hat.

Vergangenes und Vergessenes
Ein Blick in die Geschichte der beiden Weiler zeigt: Wie in anderen kleinen Orten gab es auch hier einen Lebensmittelladen, eine Käserei, eine Schmitte und eine Wagnerei, ausserdem ein Geschäft für Landwirtschaftsbedarf. Ein besonders spezieller Betrieb war der Schuhmacher, der gleichzeitig Viehhändler war und seinen Kunden die Haare schnitt. In Wattenwil und Bangerten liegen einige schützenswerte Gebäude, ein Haus von 1740, ein Speicher von 1680 und ein Bauernhaus, dessen Entstehung unbekannt ist. Die Schule wurde 2008 geschlossen und das Gebäude 2020 verkauft. 

Ebenfalls Geschichte ist die Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Nachdem der letzte Postautokurs 2008 eingestellt wurde, fährt nun lediglich ein Schulbus die 18 Kinder nach Worb und zurück. Man hat sich damit arrangiert, und so besitzt mittlerweile jeder Haushalt mindestens ein Auto.

Charakterköpfe
Um zwei ehemalige Praktikanten zu besuchen, fuhr Hans Schneider 2008 mit 69 Jahren mit einem 50-jährigen Traktor nach Polen. Sein Sohn, Erwin Schneider, nahm zusammen mit Patrick Heller aus Rüfenacht und zwei weiteren Sängern der Gruppe «Phänomen» beim Wettbewerb «Schweizer Talente» in Kreuzlingen teil, unterstützt von den vielen Fans aus ihrem Heimatort, von denen ein Teil sogar nach Kreuzlingen reiste, um ihre Sänger zu unterstützen.

Zum Wohle von Mensch und Tier
Was sind die schönsten Seiten der beiden hochgelegenen Weiler? «Wandert man etwa aufs Trysset, sieht man von Eiger, Mönch und Jungfrau bis zum Chasseral!», sagt Angelika Widmer. «Und man hat seine Ruhe.»«Die Feste, die gegenseitige Hilfe und der Zusammenhalt sind einmalig», meint Hansueli Werthmüller. Ob Eiertütschen, Dörflisichlete oder Trysset-Fest, man hat es gut miteinander. Im Sommer wird im ehemaligen Schulhaus ein neuer Gemeinschaftsraum eröffnet, darauf freut sich die Bevölkerung, insbesondere der Männerchor, der zurzeit noch im Schulhaus Richigen probt.

«Wir sind fast Selbstversorger», sagt Deborah Zürcher stolz. Und doch: Alle drei haben Mühe, die eigenen Tiere zu metzgen, denn das Tierwohl hat hier einen hohen Stellenwert. Alle Tiere haben Auslauf, sie werden wertgeschätzt und gut behandelt. Man bemüht sich ausserdem, das Wissen der alten Heilkunde für Tiere wieder ins Bewusstsein einer neuen Generation zu bringen, ein weiteres Beispiel einer wiederentdeckten, modernen und doch ursprünglichen Lebensweise, wie sie in Wattenwil-Bangerten deutlich sichtbar wird. KS

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