Worber Geschichte besteht nicht nur aus bronzezeitlichen Ausgrabungen und den markanten mittelalterlichen Wahrzeichen der Kirche und des Schlosses. Zur Worber Geschichte gehören auch Firmen, welche unsere Gemeinde geprägt haben. Eine der wichtigsten ist zweifellos die OLWO. Im Rahmen ihres zweiten Jahresanlasses «Die OLWO – gestern, heute, morgen» hat sie die IG Worber Geschichte vor einigen Tagen besucht.
Begonnen hat alles am 1. November 1926 im Metzgerhüsi. Der 26-jährige Säger Otto Lädrach übernahm als Pächter das kleine Sägewerk Habegger hart an der Worber Gemeindegrenze, da die Familie Habegger eine Übergangslösung suchte. Zusammen mit seiner Frau Emma, geborene Gerber (*1902), führte er die Sägerei während neun Jahren. Vier ihrer fünf Kinder kamen im Metzgerhüsi zur Welt. Der Betrieb ist heute stillgelegt, die Gebäude des Sägewerks stehen immer noch, und das Areal bleibt in der Ortsplanung als Industriezone ausgeschieden.
Mitten in der Krisenzeit konnten 1935 meine Grosseltern von Daniel Gfeller, der sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, im Worbboden die bestehende Sägerei erwerben. Diese war als Nebentätigkeit aus dem Bauernbetrieb entstanden und zeigte noch lange mit der integrierten Scheune und der Hoschtet ihre landwirtschaftliche Herkunft. Die neuen Besitzer erweiterten sukzessive den Betrieb und errichteten ein Wohnhaus, in dem sich während Jahrzehnten das familiäre und geschäftliche Leben konzentrierte. Sie erweiterten das Sägewerk, bauten ein erstes Hobelwerk und begannen, Mittellagen für Tischlerplatten zu verarbeiten. Während der Kriegszeit prosperierte der Betrieb: Die ausländische Konkurrenz war ausgeschaltet, die Armee bezog grosse Mengen Bauholz für ihre Befestigungsbauten und infolge des Zementmangels wurde auch im zivilen Bereich viel mit Holz gebaut. 1946 wurde das Sägewerk um das Hobelwerk mit Trocknungsanlagen erweitert. 1948 starb der Betriebsinhaber an Scharlach. Von da an führte seine Frau Emma als gestrenge, aber tüchtige Unternehmerin bis um 1970 den Betrieb. Die Söhne mussten schon früh im Betrieb anpacken, allen voran mein Vater Hermann, der als 17-Jähriger seine Handelsausbildung abbrechen musste. Grossmutter Emma blieb bis zu ihrem Tod im Jahre 1983 als Respektsperson in der Branche geachtet und dem Betrieb verbunden.
Die zweite Generation, bestehend aus den drei Söhnen Hermann (*1931), Ulrich (*1932) und Franz (*1935), trat von 1948 bis 1954 in das operative Geschäft ein. Sie konnte vom wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegszeit profitieren und leitete den Wandel zum industriellen Sägewerkunternehmen ein. So wurde die oft gefährliche Handarbeit mechanisiert und der Arbeitssicherheit zunehmend mehr Gewicht beigemessen. Es gab zwar gelegentlich leichtere Unfälle, aber der Betrieb blieb (bis heute) glücklicherweise von tödlichen Arbeitsunfällen verschont. Da immer neue Holzwerkstoffe (wie Pavatex, Spanplatten) auf den Markt kamen, begann die OLWO mit dem Holzwerkhandel und baute 1961 die heute noch bestehende markante Halle zwischen Kantonsstrasse und RBS-Linie. Dieser Entscheid war weise und vorausschauend. Seither steht unsere Firma auf zwei Beinen, was dem Betrieb eine nachhaltige Stabilität verschaffte. Der Handel ist heute wichtiger als das Sägewerk und macht rund 75% des Umsatzes aus. Die Sägerei hatte in den letzten fünfzehn Jahren mit schwierigen Rahmenbedingungen, Kalamitäten (Stürme, Käfer) und einer harten ausländischen Konkurrenz zu kämpfen. In den 1970er Jahren dehnten wir den Holzstoffhandel von der Deutschschweiz auch auf das Welschland aus, stellten ihn dann wieder ein und haben ihn 2015 wieder – mit Erfolg – aufgenommen. Wer sich für das Sortiment interessiert, kann in unserem Schauraum einen Augenschein nehmen. Der grösste Teil des Handelssortiments wird bei führenden Industriebetrieben in Europa eingekauft, der Anteil der Eigenprodukte aus den Sägewerken und dem Hobelwerk beträgt rund 20%.
Mit der Aufnahme der Handelstätigkeit musste das Marketing als neue Aufgabe aufgebaut werden. Zuerst wurde der Werbeauftritt von internen Mitarbeitern betrieben und zeigte sich etwas «handglismet»; seit einigen Jahren aber wird er professionell betrieben. So trägt unsere Lastwagenflotte mit immer aktualisierten Blachen den Namen der OLWO ins Land hinaus – mit Erfolg, wie wir feststellen konnten. Seit 2018 betreiben wir einen Webshop auf Deutsch (auf Französisch ab 2019), der bereits rund einen Viertel des Lagerumsatzes im Handel generiert.
1963 übernahmen wir als ersten Zweigbetrieb die Kistenfabrik Stalden bei Konolfingen, die vor allem Verpackungen für die damalige «Berneralpen Milchgesellschaft» (seit 1971 Nestlé) produzierte. Wir bauten sie in ein Hobelwerk mit drei Hobelmaschinen für das damals in Mode gekommenen «Finnentäfer» um. Es wird nach wie vor eine bedeutende Menge nordischer Fichte verarbeitet, da das Schweizerholz infolge der Struktur und der Astgrösse die hohen Qualitätsanforderungen speziell bei lackiertem Innentäfer nicht erfüllt. Für den Aussenbereich dagegen wird heute vorwiegend Schweizerholz verarbeitet.
1968 wurde in Worb das Wohnhaus mit einem Büroanbau erweitert. Ab 1971 prägte der markante Portalkran für den Rundholzumschlag das Bild des Firmenareals. Das Bürogebäude in Worb und der Portalkran wurden nach dem Bau des neuen Verwaltungsgebäudes 2015 abgebrochen und der Rundholzplatz erweitert. 1973 wurde die Tavapan SA, ein Spanplattenwerk in Tavannes, übernommen, aber 1987 wieder verkauft, da sich die beabsichtigten Erweiterungspläne nicht rentabilisieren liessen. Noch heute sind die Immobilien im Familienbesitz.
Zwischen 1988 und 1993 trat die dritte Generation mit den drei Cousins Markus (*1961), Heinz (*1962) und Ulrich (*1966) in den Betrieb ein. Ich übernahm 1998 die Geschäftsführung von meinem Vater Hermann. Die Entwicklung ging ungebrochen weiter: erweiterte Schnittholzlagerhallen, neue Stapelanlage für Schnittholz, neues Lagerhaus, Einführung der EDV-Anlage. 1998 erwarb die OLWO von Fritz Reinhardt, der keinen Nachfolger hatte, als zweiten Zweigbetrieb das Sägewerk in Erlenbach, das mit einer Spaner-Kreissägentechnik zu den modernsten Werken der Schweiz gehörte. Damit wurden wir zum bedeutendsten Rundholzverarbeiter im Kanton. Als Geschäftsführer trat mit Thomas Lädrach (*1969) der jüngste der Cousins in die Firmengruppe ein. Die beiden Sägewerke ergänzen sich, erzeugen andere Schnittholzprodukte und haben auch nicht die gleiche Kundschaft.
Als Folge der Übernahme des Standorts Erlenbach wurde das Sägewerk Worb neu konzipiert und komplett umgebaut. Anstelle des bisherigen Bauholzsägewerks wurde 2008 eines der modernsten Bandsägewerke für Starkholz (Stämme mit Durchmesser über 45 cm) in Betrieb genommen. Die Bandsäge mit zwei Sägeblättern und Vorwärts-Rückwärtsschnitt erlaubt eine massive Produktionssteigerung gegenüber den klassischen Bandsägewerken. Mit den beiden modernen Sägewerksstandorten kann die OLWO seither das gesamte Nadelholzspektrum aus den hiesigen Wäldern verarbeiten, in Worb das Starkholz und in Erlenbach das Schwachholz, und ist so für den Berner Wald ein bedeutender Partner.
Parallel dazu wurde auch im Hobelwerksbereich investiert, indem 2003 ein Lackierwerk für Innentäfer und Aussenschalungen errichtet wurde und die Produktionsanlagen am Standort Stalden modernisiert und die Kapazität verdoppelt wurde. Nach erfolgreichen Jahren des Wachstums wurden die Büroräumlichkeiten in Worb zu knapp und dank einem Landkauf konnte 2015 das neue Bürogebäude mit integrierter Ausstellung eröffnet werden.
Als Betrieb, der den natürlichen und nachhaltigen Werkstoff Holz bearbeitet, fühlten wir uns von der «ökologischen Wende» und der Klimaproblematik besonders herausgefordert. Bereits 2012 errichteten wir auf den Dächern der Lagerhallen eine Photovoltaikanlage, die heute rund 1,6 Megawattsunden Solarstrom produziert und rund 70% des Strombedarfs unseres Werks in Worb deckt. Seit 2019 wird der Wärmeverbund Worb-Rüfenacht aufgebaut. Auf unserem Areal errichtete die BKW-AEK Contracting AG im Baurecht eine Heizzentrale mit zwei Kesseln. Der erste zu 1,5 MW Leistung wurde im Juni 2020 in Betrieb genommen. Der zweite Holzkessel zu 3 MW Leistung ist entsprechend dem Ausbau des Fernwärmenetzes für 2022 geplant; die gesamte Anlage ist für 2300 Wohneinheiten geplant. Die OLWO hat sich verpflichtet, in den nächsten 30 Jahren den Brennstoff aus Holzrinden und Restholz zu liefern. Das ist unser Beitrag zur Energiewende!
Die Firma erlebte im Verlauf ihrer nun 95-jährigen Geschichte mehrere Umstrukturierungen und Umbenennungen. In den ersten Jahrzehnten war sie fest in den Händen des Gründerehepaars Otto und Emma Lädrach. Nach dem Tod des Firmengründers wurde daraus eine Erbengemeinschaft «Otto Lädrach’s Erben». Schon damals wurde der Grundstein zur Marke OLWO O(tto) L(ädrach)WO(rb) gelegt. 1968 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und trug den Namen Otto Lädrach AG, OLWO, Worb. Die beiden Zweigniederlassungen behielten lange ihre früheren Namen und die juristische Selbstständigkeit. Im Rahmen der Nachfolgeregelung von der 2. zur 3. Generation wurde 2005 die Familienholding «OLWO Beteiligungen AG» gegründet. Im Jahr 2020 erfolgte eine generelle Umfirmierung aller operativen Firmen unter dem neuen OLWO Logo (OLWO Worb, OLWO Stalden, OLWO Erlenbach). Die Gruppe zählte 2020 rund 180 Mitarbeitende, davon 140 in Worb, 15 in Stalden und 25 in Erlenbach, und erzielte einen konsolidierten Umsatz von rund 100 Mio. Fr. Von unserer Belegschaft sind 12% Frauen und ca. 10% Ausländer und Ausländerinnen.
Während wir auf eine 95-jährige (mehrheitlich erfolgreiche) Geschichte zurückblicken können, stehen wir heute – wie damals unsere Vorgänger – vor grossen Herausforderungen. Der internationale Markt ist rau geworden. Im Gefolge der Pandemie sind die Lieferketten durcheinandergeraten. Holz ist knapp geworden, seitdem die USA und China in grossem Stil Holz in Europa einkaufen. Die Holzpreise haben sich im Ausland im Sommer 2021 kurzfristig verdoppelt, In der Schweiz halten sie sich noch im Rahmen, sind aber im zweiten Semester 2021 auch schon um 20-30% gestiegen, was vor allem die Waldbesitzer freut.
Die Zukunft hält einige Unsicherheiten bereit. Der Klimawandel bringt die Nadelhölzer im Mittelland voraussichtlich zum Verschwinden und verdrängt sie in höhere Lagen. Damit wird das Angebot knapp werden, falls es uns nicht gelingt für Ersatz zu sorgen, z.B. durch Douglastannen. Die einheimischen Laubhölzer sind entweder zu selten, z.B. Eiche, oder eignen sich nicht gut als Baustoff, z.B. die weit verbreitete Buche, die feuchteempfindlich ist und sich vor allem für den Innenausbau eignet. Unsere Baukultur ist nun mal auf Nadelhölzer ausgerichtet. Eine Mischung von Nadel- und Laubholz in einem modernen Sägewerk funktioniert nicht, da die Produktionsanlagen und Werkzeuge nicht genau gleich sind und die Resthölzer für den Markt sortenrein verkauft werden müssen.
Die aktuellen und sich am Horizont abzeichnenden Probleme sind aber für uns eine Herausforderung, der wir uns gerne stellen. Wir glauben an die Zukunft der OLWO als Familienbetrieb, in welcher Vertreter der Eigentümerfamilie in der operativen Führung stehen. Die Nachfolge ist für die nächsten zehn Jahre gesichert und erste Vertreter der 4. Generation stehen bereits in den Startlöchern. Zur Zeit planen wir für die Zukunft – es sind grosse Projekte: Der Holzstoffhandel wird in neuen Gebäuden westlich der Kantonsstrasse konzentriert, so dass die gefährlichen und zeitraubenden Strassenüberquerungen wegfallen. Im Rahmen des Projekts «Logistik 21» wollen wir auch rationelle, teilautomatisierte Lager- und Kommissionierprozesse einführen. Im Rahmen des Projekts «Fitness Sägewerke 22» sollen die Hauptmaschinen in den Sägewerken Erlenbach und Worb ersetzt werden, um die Verarbeitungskapazität und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, und in Erlenbach wird ein neues Nachsortierwerk zur Steigerung der Wertschöpfung im Sägewerk erstellt.
Die OLWO will den Schwung und die Erfahrung aus ihrer Geschichte in die Gegenwart und in die Zukunft hinübertragen.
Markus Lädrach, Marco Jorio