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2210_Vis-à-vis-Kevin-Christen

Vis-à-vis mit Kevin Christen, PH-Student

«Eine altgediente Lehrerin hat mal bemerkt, dass Studierende an der Pädagogischen Hochschule viel theoretischen Ballast lernen, aufgeblasene Arbeiten schreiben und in der Praxis nicht mal in der Lage wären, ein simples Schulreisli zu organisieren. Da sage ich bloss: Das ist absolut wahr. Die PH versucht praxisnah zu sein, und sie ist es noch viel zu wenig – den Theorieteil einer Jahresplanung bläht sie bis zum Geht-nicht-mehr auf. Ihre Stärken sehe ich vor allem dort, wenn es um die konkrete Unterrichtsvorbereitung geht.

Parallel zu meinem Studium unterrichte ich seit zwei Jahren Viert- und Sechstklässler im Wydenschulhaus, bin einer von denen, den man wegen dem Lehrermangel dringend gesucht hat. Meine Fächer sind die, die ich persönlich am liebsten mag: Musik und Französisch, auch zu Englisch- und Sportunterricht würde ich nicht nein sagen. 

Obwohl ich immer noch PH-Student bin, genoss ich an der Schule keine Aufwärmphase, ich wurde ins kalte Wasser geworfen. Es isch chalt gsi wien e Moore. In der einen Klasse achtzehn Giele und vier Modis, da ist schon eine gewisse Dynamik zu spüren. Aber ich wurde von meinen Schülern mit viel Goodwill empfangen, und da ich selber sehr lebhaft bin, führte es dazu, dass die Kinder noch lebhafter wurden. Ich brauchte fast zwei Monate, bis ich sie runterholen konnte – meinen Unterrichtsstil hatte ich nach etwa einem Jahr gefunden. Mit meinen gut zwanzig Schülern pro Klasse ist für mich das Herausforderndste das Timing, das Managen der Zeit.

Meine oft etwas theatralische Art kommt dem Musikunterricht entgegen, ebenfalls den Französischstunden, wenn ich diverse Stimmen nachahme. Meine Persönlichkeit bringt zudem mit sich, dass ich den Kindern auf Augenhöhe, jedoch nicht als Kollege begegne. Auch das mussten sie lernen. Ich gewähre ihnen durchaus Freiheiten, indem sie zum Beispiel im Unterricht die Kapuze ihres Pullis über den Kopf ziehen dürfen. Eine wissenschaftliche Arbeit kam zur Erkenntnis, dass sich dieser Schutzschirm um den Kopf positiv auf die Konzentration auswirkt, speziell bei ADHS-Kindern. Für mich ist wichtig, dass sich dabei nicht jemand versteckt, sondern dass ich die Gesichter vollständig sehen kann.

Im Unterricht lache ich mit, wenn es etwas zum Lachen gibt, und höre zu, wenn die Kinder von den Ferien berichten. Was mir dort auffiel war, dass viele nicht von Aktivitäten, sondern vom Gamen erzählten. Generell wollen die Kids am liebsten von sich erzählen, sonst langweilen sie sich. Und ich merkte, dass den Kindern im privaten Leben zu wenig zugehört wird. Sie werden zu stark abtah, während sie in der Schule merken: Ah, jitz lost mir öpper zue!

Am Anfang meiner Wyden-Zeit hatte ich gleich einen Bock geschossen, als ich auf einen Vorschlag eines Schülers eintrat und im Musikunterricht das Stück Wieder Lila von Capital Bra in den Unterricht integrierte. Einen Tag danach erhielt die Schule prompt ein Telefon von aufgebrachten Eltern, und ich konnte deren Reaktion sogar verstehen. I ha halt vor de Schüeler öpper wölle si. Zusammen mit der Schulleitung und den Eltern schauten wir die Angelegenheit in Ruhe an, am Schluss war alles gut, die Stimmung versöhnlich und wir gingen in völligem Frieden auseinander. Hier darf ich gleich festhalten: Die Wydenschule erlebe ich nicht nur vom Lehrerkollegium her sehr unterstützend, sondern auch, wie die Schulleitung das Thema der Fehlerkultur lebt.

Eines meiner Highlights fand ebenfalls im Musikunterricht statt. Jemand wünschte ein Jodellied zu hören, und nach den ersten Klängen trat einer nach dem anderen nach vorne, tanzte spontan zur Musik und jodelte mit. Der Oberalbaner, der Somalier, der Amerikaner, der Bauernsohn und die anderen Worber. Einzig die vier Modis hielten sich nicht dafür und blieben sitzen.

Bis jetzt habe ich noch kein Schulreisli organisieren können, weil mir das PH-Studium in die Quere kam. Wenn es mal so weit ist, würde ich ins französischsprachige Gebiet gehen, damit die Kinder in dieser Sprache auch etwas einkaufen oder bestellen könnten. Vielleicht würde ich mit ihnen einen Bauernhof besuchen, kürzlich haben wir in der Schule Tiernamen gelernt. Einer der Schüler, der Bauernsohn, hat mich dabei gefragt, was Schwarznasenschaf heisst. Da habe selbst ich profitiert: Mouton nez noir.

Einige Dinge fallen mir im Unterricht mittlerweile recht leicht, weil ich bereits 31-jährig bin und über eine gewisse Lebenserfahrung verfüge. Ursprünglich habe ich eine Banklehre gemacht, arbeite noch zu 40% als Buchhalter und hie und da für Musikfestivals als Backliner. Gemeint ist musikalisches Hilfspersonal hinter der Bühne, welches eine Gitarre auswechselt und neu bespannt, falls einem Musiker eine Saite reisst, oder eine Trommel mit beschädigtem Fell neu bezieht. Im Einsatz war ich schon für Macklemore, für die Rolling Stones oder für die Sportfreunde Stiller. Privat spiele ich Gitarre oder mache Rap-Sprechgesang, daneben gehe ich dreimal pro Woche ins Box-Training und spiele in einem Verein Basketball.

Ob ich das alles plus PH unter einen Hut bringe? Es geit no grad so.»

Aufgezeichnet von
Bernhard Engler

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